
KOMMENTAR
Dipl.-Wirt.-Ing.
Tobias Hain
ist Geschäftsführer
des Industrieverbands
Massivumformung e. V.
in Hagen
Dennoch spüren wir deutlich die Folgen solcher Empfehlungen:
Absagen
von Teilnahmen
an Arbeitskreisen
und Gremien,
Rückzug
aus Forschungsprojekten
und sogar Verbandsaustritte
spiegeln die starke Verunsicherung
unserer Mitglieder
wider.
Um diesen Tendenzen
aktiv entgegenzuwirken,
aufzuklären
und
jeglichem
Verdacht
die Grundlage
zu entziehen,
haben der Industrieverband
Massivumformung
(IMU) und die German Cold
Forging Group (GCFG) seit 2016 eine Vielzahl
an Mechanismen
zur Sicherstellung
der kartellrechtskonformen
Verbandsarbeit
installiert.
Diese reichen von der Aufstellung
und Umsetzung
kartellrechtlicher
Leitlinien
und der entsprechenden
Schulung der
Verbandsmitarbeiter
über die Verankerung
des Bekenntnisses
zur Compliance in unserer Satzung
bis hin zur kartellrechtlichen
Prüfung
aller Abläufe und Formate
durch eine spezialisierte
Rechtsanwaltskanzlei
mit dem Ergebnis
einer Zertifizierung
unserer Kartellrechtskonformität.
Zudem verfolgt
der IMU intensiv
die Klärung
der kartellrechtlichen
Voraussetzungen
für die geförderten
verbandlichen
Forschungs
und Entwicklungsprojekte
und steht seit Anfang
2018
in einem aktiven
Dialog
mit dem Bundeskartellamt.
In diesem
betont das Kartellamt
zwar immer wieder die wichtige
Rolle der
Verbände
und die Tatsache,
dass es grundsätzlich
keine Forderung
eines Austritts
aus einem Verband
gibt und dies auch nicht
als strafmilderndes
„Nachtatverhalten“
oder als vorbeugende
Compliance-Maßnahme
gewertet
wird - leider steht aber das
wohl häufig rüde und anklagende
Verhalten
der Beamten
in der
Praxis einer kartellrechtlichen
Durchsuchung
dieser „grundsätzlichen
Begrüßung
der Verbandsarbeit“
entgegen
und der Eindruck
eines Generalverdachts
– auch beim Bundeskartellamt
–
verbleibt.
IMU und GCFG haben beschlossen,
den begonnenen
Dialog
aktiv
weiterzuführen.
Dabei gibt es konkrete
Anregungen
zur Reduzierung
der Verunsicherung
und Verbesserung
des Verhältnisses
zwischen Kartellamt
und der (mittelständischen)
Wirtschaft:
– Erstellen
einer Art „Positivliste“
des Kartellamts,
die im Sinne
einer übersichtlichen
Checkliste
den Unternehmen
ermöglicht,
ihren Verband
einer zumindest
groben Prüfung
auf die
grundsätzliche
formale
Einhaltung
der kartellrechtlichen
Anforderungen
zu unterziehen
und den Verbänden
als Guideline
für die eigene Aufstellung
(und die Selbstveranlagung)
dienen kann (zum Beispiel: „Ist kartellrechtliche
Compliance
in der Satzung
verankert?“,
„Hat der Verband
kartellrechtliche
Leitlinien
erstellt?“,
„Werden Sitzungsergebnisse
protokolliert?“,
„Sind die für die Sitzungsleitung
Verantwortlichen
kartellrechtlich
geschult?“).
– Eröffnung
eines Verfahrenswegs
nach dem nicht jeder eventuelle
Kartellverstoß
sogleich
im Bußgeldverfahren
verfolgt
werden muss. Gerade
Verbände
würden sicher Hinweise
des
Bundeskartellamts,
die im Rahmen
eines Verwaltungsverfahrens
ohne Bußgeldrisiko
gegeben
würden, dankbar
annehmen
und könnten so als Mittler zwischen Behörde
und Mitgliedern
dienen.
– Möglichkeit
einer Vorabprüfung
von geplanten
Kooperationsansätzen,
wie zum Beispiel Einkaufskooperationen
oder Kapazitäten
Sharing, und Genehmigung
(oder formlose
„Duldung“)
durch das Bundeskartellamt
auf Basis einer zuvor dokumentierten
Selbsteinschätzung
der potenziellen
Kooperationspartner.
– Detaillierte Darlegung der Haltung des Bundeskartellamts
zu
Preisindizes
und deren Verwendung.
– Deutliche Verkürzung der Verfahrensdauern.
– Öffentliche
Anerkennung
des systemimmanenten
vorwettbewerblichen
Charakters
der vom BMWi/AiF und anderen
Fördergebern
geförderten
Industriellen
Gemeinschaftsforschung
durch das Kartellamt.
– Gleichwertige
Verfolgung
der Ausnutzung
ihrer Marktstellung
durch marktmächtige
Kunden oder Lieferanten
unserer mittelständischen
Wirtschaftsunternehmen
– auch ohne öffentliche
Anzeige durch die Betroffenen.
Ein klares Bekenntnis,
umfassende
Leitlinien
zur operativen
Umsetzung,
stringentes
Veranstaltungsmanagement,
selbstkritisches
Monitoring
und ein offener Dialog
mit dem Bundeskartellamt
– der IMU und die GCFG stellen sich den komplexen
kartellrechtlichen
Anforderungen
mit dem Ziel, seinen Mitgliedern
eine
rechtssichere
Plattform
für den vorwettbewerblichen
Meinungs-
und Erfahrungsaustausch
und die technische
Zusammenarbeit
zu bieten
- für die weitere
Entwicklung
der Branche
und gegen
den Generalverdacht
gegenüber
Verbänden
und die Verunsicherung
der Unternehmen!
massivUMFORMUNG | SEPTEMBER 2018 53