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2010-03-Schmiede-Journal

Fachbeiträge Bisherige Reibmodellierung Die in kommerziellen FE-Systemen verfügbaren Reibmodelle basieren überwiegend auf den vereinfachten Annahmen nach Tresca und Coulomb. Bei Coulomb Sch79 ist die Reib schubspannung abhängig von der Kontakt spannung und einem konstanten Reib bei wert μ, während Tresca die Reib - schub span nung für plastifizierte Reibpartner in Abhän gigkeit der Schubfließgrenze formuliert. Wei tere Reib mo delle beziehen die lokale Änderung der Kon taktbedingungen mit ein und wurden u. a. von Bederna BED97, Bernhardt BER98 und Neumaier NEU03 entwickelt. Jedoch haben diese Autoren in ihren Forschungsarbeiten nicht die veränderten Kontaktbedingungen in folge elastischer Werkzeugdeformationen bei der Entwicklung der Reibmodelle einbezogen. Dieses verfolgte Alasti mit der Entwicklung seines Modells ALA08. Innovative Reibmodellierung Im Gegensatz zu bislang verwendeten Reib gesetzen mit konstanten Parametern sind aufbauend auf den Modell ent wick lun - gen von Alasti und Neumaier in dem neuen Modell sowohl die Starrkörperbewegung, die Plasti fi zierung, als auch die Relativ ge - schwin digkeit in einem Maße eingebunden, wie es den realen Verhältnissen entspricht. Da das Alasti-Reibmodell mittels elastischer Werkzeugmodellierung kalibriert wurde und es darüber hinaus viele Kon stan - ten zur Kalibrierung enthält, wurde ein neues Reib modell am IFUM entwickelt. Ziel war es hierbei, die starre Werkzeugmodellierung als Grund lage für das Reibmodell zu nehmen, da die elastische Werk zeug model lie - rung nicht dem Industriestandard entspricht. Das neu entwickelte Reibmodell hat folgende Form (Gl. 1): A1: Starrkörperbewegung A2: Plastifizierung A3: Gleitgeschwindigkeitseinfluss Die Reibschubspannung hängt von zeitlich und örtlich veränderlichen Zustandgrößen, wie der Vergleichsspannung nach von Mises σV, der Fließspannung kf des Werk stück - stoffs, der Kontaktnormalspannung σN und zu dem von der Gleitgeschwindigkeit νrel so - wie der Schubfließgrenze k ab. Dieses Reibmodell ist sowohl für Kontakt - be reiche mit geringen Kontaktdrücken und vor wiegender Starrkörperreibung als auch für hohe Kontaktdrücke mit plastifiziertem Kon taktpartner geeignet. Diese beiden For - men der Reibung werden in geeigneter Wei - se in dem Reibmodell mit Hilfe des Quotien - ten σV/kf gewichtet. Dadurch ergeben sich 22 Schmiede-Journal März 2010 für das neu entwickelte Reibgesetz gemäß Gl. 1 folgende Fallunterscheidungen: • Grenzfall Starrkörperreibung mit nicht plastifizierten Rauhigkeitsspitzen: Gl. 2 / ≈ 0 τR = 0,3 • σN • f (νrel) (Gl. 2) • Elastische Verformung; Mischfall als Summe beider Faktoren: Gl. 3 0 < / < 1 τR =0,3 ·(1– —)·|σN| + m · k · — ·{1– exp(–|—|)}· f (νrel σV ) (Gl. 3) • Grenzfall Werkstückoberfläche plastifiziert: Gl. 4 / = 1 τR = m · k ·{1– exp(–|—|)}· f (νrel) (Gl. 4) Für Vergleichsspannungen 0 < σV < kf liegt eine Mischung der beiden Reibungs for - men vor. Dabei wird angenommen, dass Starr kör perreibung vorliegt, da die Fließ - span nung kf an der Werkstückoberfläche nicht erreicht ist, jedoch mit zunehmender Ver gleichsspannung σV die Rauheitsspitzen zunehmend plastifizieren. Darüber hinaus berücksichtigt das entwickelte Reibmodell den Einfluss des lokalen Kontaktdrucks σN, der lokalen Fließ span - nung kf an der Werkstückoberfläche und der lokalen Relativgeschwindigkeit νrel zwischen den Werkstück- und den Werk zeug - ober flächen. Da mit wird durch den zweiten Term die wahre Kontaktfläche zwischen dem Werkstück und dem Werkzeug als Ein fluss - größe eingebunden. Zur realitätsnahen Beschreibung der Gleit - geschwindigkeit wurde, alternativ zu den Modellen von Neumaier und Alasti, ein neuer funktionaler Zusammenhang entwickelt. Durch Variationsrechnungen mit dem Pro gramm Maple zur Ermittlung einer passenden Funktion entstand die in Gl. 5 zu sehende For mulierung für f(νrel), die den Einfluss der Gleitgeschwindigkeit auf die Reibschub span nung realitätsnah widerspiegelt: Gl. 5 Bild 3 zeigt hierbei grafisch den funktionalen Zusammenhang für verschiedene Werte der Variable C. Diese Funktion beschreibt die Abnahme der Reibung mit zunehmender Gleit ge schwin dig - keit. Sie besitzt einen Übergangsbereich, der die Unterscheidung zwischen statischen und dynamischen Reibeffekten ermöglicht. Der Haftfall, d. h. wenn die Funktion f(νrel) = 1 ist, wird durch diese Funk tion realitätsnah wiedergegeben. Mit steigendem Wert des Faktors C sinkt der Ein fluss der Gleitgeschwindigkeit auf die Reibschubspannung. Innerhalb der hier vorgestellten Untersu - chungen erfolgte die Implementierung und Anwendung des Reibmodells zunächst ex em - plarisch in das FEM Programmsystem Forge 2007. Die Einbindung des Berech nungs an sat - zes für die Reibung wird mit Hilfe der im verwendeten Simulationssystem verfügbaren Pro - grammierschnittstelle realisiert. Diese erlaubt den Zugriff auf die für die Reibberechnung relevanten Parameter wie u. a. Kon takt nor mal - spannung σN, Rela tiv geschwindigkeit νrel und Vergleichs span nung σV. Validierung des IFUM-Reibmodells Die Validierung des neu entwickelten Reib - modells erfolgte anhand von experimentell aufgenommenen Umformkraftverläufen. Die - se wurden mit den numerisch berechneten Verläufen verglichen, um so die Güte des Reibmodells zu quantifizieren. Zunächst er - folgte die Validierung anhand des IBF-Mo - dellversuchs. Dieser Prozess wurde unter Verwendung verschiedener Reibmodelle sowie mit dem IFUM-Reibmodell simuliert. Die auf Basis dieser Berechnungen ermittelten Kraft-Weg- Verläufe sind in Bild 4 dem experimentell be - stimmten Verlauf gegenübergestellt. Die Charakteristik des realen Kraft-Weg- Verlaufs unter Verwendung des IFUM-Reib - modells wird für große Bereiche qualitativ und quantitativ sehr gut abgebildet. Anwendung auf Praxisprozesse Im Rahmen dieses Forschungsprojektes wurden als Industrieprozesse die dreistufige Umformung eines Vierlochgabelstücks, das Schmieden einer Statorschaufel und eine Vor - formoperation zur Fertigung eines Quer len - kers betrachtet. Das IFUM-Reibmodell wurde auf diese Praxisprozesse angewendet und seine Berechnungsergebnisse mit denen von standardmäßig verfügbaren und weiterentwickelten Reib mo dellen verglichen. Nach fol - τR = 0,3 ·(1–—) · |σN| + m · k · — ·{1– exp(– |—|)} · exp–—(—)2 (Gl. 1) A1 A2 A3 f (νrel) = exp •– —(—)2 (Gl. 5) σV kf σV kf σN kf 1 2 νrel C σN kf νrel C kf σV kf σN kf kf σV kf σV kf σV 1 2


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