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2010-03-Schmiede-Journal

Fachbeiträge Schmiede-Journal März 2010 21 wurden den experimentellen Daten gegenübergestellt und das neu entwickelte Modell wurde anhand von realen Prozessen validiert. Ermittlung der Einflussgrößen auf die Reibung Zur grundlegenden Untersuchung der Ein flüsse verschiedener Pro zess - größen auf die Rei - bung wurde ein Grund lagen ver such weiterentwickelt, in dem die Prozess be - din gungen der Warm massiv um for - mung realisiert werden können. Der Kegel stauch - versuch an Rohr pro - ben (Rohr kegel - stauch versuch; Prin - zipbild in Bild 1) KOP98 wurde dem bekannten Ring stauch versuch vorgezogen, da die Relativ ge schwindigkeit der Kon takt - flächen deutlich ho mogener ist und hierdurch besser untersucht werden kann. Zudem bietet der Rohr kegel stauchversuch den Vor - teil, dass nur eine Wirk fuge vorhanden ist, wo raus sich ver schiedene apparative Vor - züge ergeben. Unter anderem erlaubt die Ver nach lässigung der unteren Kon takt fläche eine induktive Erwär mung der Pro be in der Apparatur bis 1250 °C, wodurch die erwärmte Probe nicht umgesetzt werden muss und die Zeit zwischen Erwär mung und Stau chen deutlich reduziert werden kann. Durch Variation des unteren Außen durch - messers kann der Kontaktdruckbereich im Bereich von 500 bis 900 N/mm2 variiert werden. In einer Mess reihe wurde über diesen Kontaktdruckbereich eine deutliche Abhän - gigkeit der Reibung vom Kontaktdruck ermittelt ALB09. Die Einflüsse von Schmierung, Werk - stück- und Werkzeugmaterial (Fließ span - nung), Tem peratur und Umform geschwin - dig keit wurden mit einer Effektanalyse nach KLE08 untersucht. Sie erlaubt die Ein - flüsse dieser Para me ter auf die Reibung un - tereinander zu vergleichen und Wech sel - wirkungen zu identifizieren. Die genannten Faktoren wurden in einer statistischen Ver - suchsplanung einbezogen und in einer ge - meinsamen Messreihe mit 54 Einzel mes sun - gen untersucht. Zur Charakterisierung der Reibung wird als Zielgröße der Quotient aus Verschiebung und Stempelweg ν = V/S verwendet. Äußere Störgrößen wurden durch zufällige Abfolge der Messungen reduziert. Zur Identifikation signifikanter Einflüsse auf die Zielgröße und damit die Reibung wurden die Effekte für die Einflussfaktoren und Wechselwirkungen untersucht, die in Bild 1 dargestellt sind. Aus der Mess ge nau - ig keit in der Bestimmung der Zielgröße wurden die Vertrauensbereiche über die Student’sche Verteilung für einseitige Tests ermittelt. Ausgehend von der Zielgröße ν sind die größten Einflussfaktoren auf die Reibung die Umformgeschwindigkeit und die Schmier - stoffe. Als weitere Einflussgröße wird die Temperatur identifiziert, die in Simulationen unter anderem über eine temperaturabhängige Fließspannung berücksichtigt wird. Zu - dem sind die Wechselwirkungen aus Schmier stoff und Temperatur sowie Tem pe - ra tur und Um formgeschwindigkeit signifikant. Die Materialien für Werkstücke und Werk zeuge (Fließspannung) zeigen keinen signifikanten Einfluss auf die Reibung. Die Reibmodellierung muss die Umform - geschwindigkeit und Kontaktdrücke berücksichtigen und benötigt einen Freiheitsgrad, um unterschiedliche Schmierstoffe abbilden zu können. Entwicklung eines Reibungsversuchs mit realitätsnaher Gesenkgeometrie Um die bei Warmmassivumformprozessen auftretenden Stempelkräfte und Werkstück - temperaturen untersuchen zu können, wurde am IBF ein axialsymmetrisches Schmiede ge - senk entwickelt ALB09. Mit einer möglichst einfachen Versuchsgeometrie wird ein Schmiedeprozess (Bild 2 links) nachgebildet, in dem ähnliche Kontaktdrücke und Ma - terial flüsse realisiert werden wie beim Schmieden. Im Gegensatz zu realen Schmie - de prozessen wird ein zusätzlicher Freiheits - grad, die Form füllung des oberen Gesenks, ver wendet. In diesem Versuch werden so - wohl die Umform kraft, der Stempelweg und die Werkstück tem peratur kontinuierlich aufgezeichnet. Die Er wärmung der Probe er - folgt induktiv in der Versuchsapparatur, so - dass die Probe ohne Umsetzen innerhalb von 2 s nach Erwärmen gestaucht werden kann. Störeinflüsse durch Um setzen werden hierdurch vermieden. Zwischen Werkstück und Unterstempel er folgt eine thermische Iso lie - rung. Mit dieser Geometrie wurden 18 Stauch - ver suche bei unterschiedlichen Werkstück - tem pe ra turen (800 °C bis 1250 °C), Um - form ge schwindigkeiten (0,1/s bis 10/s) und Schmier stoffsystemen durchgeführt. In Bild 2/rechts sind die Konturen dreier Mes - sun gen bei einer Werkstücktemperatur von 850 °C und einer Umformgeschwindigkeit von 0,1/s dargestellt. Die drei verwendeten Schmierstoffsysteme er zeugen deutlich un - ter scheidbare Konturen, was bestätigt, dass die gewählte Kontur sehr reibungssensitiv ist. Durch die kontinuierliche Aufzeichnung relevanter Prozessgrößen (Stempelweg, Um - formkraft und Werkstücktemperatur) kann jede Messung in FEM-Systemen nachgebildet werden. Die Ergebnisse der Simulation können direkt mit den realen Messungen verglichen und hierdurch Reibungsmodelle besser evaluiert werden als mit In dus trie pro zes - sen. Bild 1: Einflussfaktoren auf die Reibung. Prinzip des Stauchversuchs anhand der Probengeometrie. Bild 2: Aufbau des Gesenkstauchversuchs und Konturvergleich unterschiedlicher Reibsysteme (Temperatur 850 °C und Umformgeschwindigkeit 0,1/s).


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