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2010-03-Schmiede-Journal

„Toxic Papers“ des US-Immobilienmarktes an stecken. Die „systemische Verbundenheit der Banken“ beruht auf eben dieser Risi ko ver - zah nung durch verbriefte Kredite. Andererseits bietet die Verbriefung von Krediten mittelständischen Unternehmen den indirekten Zugang zum Kapitalmarkt. Banken entlasten ihr Eigenkapital und können neue Kredite vergeben. Dass solche Verbriefungen zum Teil in Zweckgesellschaften außerhalb der sichtbaren Bankbilanz versteckt worden sind, ist eine schockierende Erkenntnis aus der Krise. Dennoch darf das Instrument als solches nicht vorschnell verteufelt werden. Denn es bleibt der wichtige Hebel-Effekt. Wer den Kredit verbrieft / verkauft, kann mit dem frei gewordenen Eigenkapital neue Kredite vergeben. Das ist kein Schneeball- oder Ket ten brief - system, weil, wenn und solange hinter den Geldgeschäften reale Werte als Sicherheit oder Tauschgegenstand stehen. Es bleibt die Herausforderung, die Ver brie - fungsmärkte wieder zu beleben. Vertrauen ist der Schlüssel. True Sale International (TSI), eine Vereinigung deutscher Banken zur Be - för derung des Verbriefungsgeschäfts, wirbt mit Qualitätsportfolios. Gütesiegel über die Wert hal tigkeit der gegebenen Sicherheiten sollen Vertrauen zurückholen. Das könnte ge - lingen. Der Bankenverband wirbt ebenfalls in diese Richtung, will sich aber zusätzlich ein Türchen für (weitere) Subventionen offen halten. Die KfW soll, wenn es mit der Kredit ver - gabe wirklich eng würde, eine erste größere Tranche verbriefter Kredite kaufen und da - durch das Eigenkapital der Banken entlasten. Sub ven tio nen für Vertrauen: Wohl eher eine Zumutung. Wirksamer wäre ein höherer Ri si - ko selbst be halt der Banken an den verbrieften Krediten: „Der Koch, der die Suppe später selbst kosten muss, passt beim Salz besser auf.“ Vertrauen entsteht am ehesten dort, wo die verbriefende Bank selbst einen substanziellen Teil des verbrieften Risikos mit trägt. Die Banken bieten bisher 5 Prozent an, besser wären wohl 15 Prozent. Die Ban kenaufsicht müsste mitziehen. Zwar wäre der Kredithebel kürzer („Leverage“), aber eben auch stabiler. Die Bundesregierung hat im Koali tions ver - trag angekündigt, diesen Fragen in der Er - arbeitung eines Verbriefungsgesetzes nachzugehen. 5. Warenkreditversicherung Auch die Warenkreditversicherungen ha - ben eine wichtige Rolle in der Krise gespielt. Wenige Anbieter (Euler Hermes, Atradius, Coface, Zurich) gegen viele Unternehmen. Ohne vorherige Ankündigungen wurden Kre - ditlimite gekürzt oder gekündigt und damit den Unternehmen die Sicherheit für Zah - lungs ziele genommen. Es blieb keine Al ter na - tive, als die Zahlungsziele zu kürzen oder ge - gen Vorkasse zu liefern. Aber genau das konn ten sich die meisten Unternehmen entlang der Wertschöpfungskette nicht leisten. Freies Working Capital war Mangelware. Das „Top-up-Modell“ ist darum der richtige Weg. Der Staat springt – finanziert aus dem KfW-Bürgschaftsprogramm – ein, wenn die Warenkreditversicherung noch einen Teil des Risikos übernimmt (kein „Ground-up“). Zwar ist auch dieses staatliche Angebot teuer (2,88 Prozent), aber das ist wohl immer noch besser als das Material nur risikobehaftet liefern zu können. Geklärt sind inzwischen auch die letzten offenen Fragen, vor allem zur Frage der „Unternehmen in Schwierigkeiten“, die ebenfalls das Top-up-Modell in Anspruch nehmen können. Die Abwicklung ist einfach. Der Waren kredit ver sicherer übernimmt das erste Risiko nach seinen Konditionen, das Top-up schließt dieselbe Waren kredit ver sicherung mit dem Unter nehmen ab, aber mit den Konditionen des staatlichen Programms, das die Refinan zie rung sichert. Diskutiert wird nun noch zu Recht, ob nicht dauerhaft auch etwas im System schief ist. Die Unternehmen sollten sich überlegen, ob sie nicht nach der Krise entlang der Wert schöp - fungsketten grundsätzlich mit kürzeren Zah - lungszielen und damit ohne Waren kredit ver - sicherungen auskommen. Das ist eine Frage zwischen Wettbewerbsparametern und ökonomischer Vernunft. Und der Gesetzgeber sollte beim Versicherungsvertragsrecht nachbessern: Rechtzeitige Auskunftspflichten der Waren - kredit versicherer, Stellungnahmerechte für das versicherte Unter neh men (Kunde), Kün di - gungsfristen sowie materielle Kündi - gungs gründe würden die strukturellen De - fi zite im derzeitigen System der Waren - kredit ver siche rung mildern. 6. Bilanzrecht und Publizität Oft unterschätzt wird schließlich die Wir kung des Bilan - zrechts. Der amerikanische Kongress hat die so genannte Fi - nan cial Crisis Inquiry C o m m i s s i o n („FCIC“) eingesetzt, um den Ur sachen der weltweiten Finanz - markt krise nachzugehen. Von 22 Gründen wird an fünfter Stelle die Methode des Bi - lanzrechts ge nannt. Nicht etwa die betrügerische Aus nut zung des Bilanzrechts durch einzelne Mana - ger, sondern die Me - thode als solche. Es geht um die Zeit - wertmethode, nach Dialog der der jeweils aktuelle Wert eines Vermögens gegenstandes in die Bi lanz aufgenommen werden muss. Dadurch entstehen kurzfristige Buchgewinne, ebenso wie kurzfristige Wert ab stürze. Die Rech nungslegung wird volatil. Es wäre da rum das falsche Sig nal an den börsenunabhängigen Mittel stand, wenn auch er in Europa die Zeit wert methode anwenden müsste („IAS/IFRS für KMU“). Genau darüber diskutiert man zurzeit in Brüssel. Besser ist der Ver bleib beim Vor sichts prin - zip ehrbarer Kauf leute. Zwar kann die Bilanz - methode keine Absatz schwä chen beheben. Aber der Unternehmenser folg weht mit dem Vorsichtsprinzip nicht wie ein Fähnlein im Winde der Kon junktur. Das wirkt besonders vor dem Hintergrund der Pu bli zi täts anfor de - run gen. Wer die Unter nehmenserfolge elektronisch einsehen kann, sollte nicht zu fal schen Schlüssen kommen. Die Treff si cher heit der Be wer tung sollte in der Transparenz steigen, nicht fallen. Dass das Maß der Trans pa renz mit der elektronischen Publi - zität ganz unabhängig davon heute viel zu weit geht, ist eine andere wichtige Fra - ge, die wir im Blick haben. Dr. Andreas Möhlenkamp Schmiede-Journal März 2010 13


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