TECHNOLOGIE UND WISSENSCHAFT Bild 2: Längenänderungs Temperatur- Kurven für den Stahl 1.2365 und dessen Modifikationen Das Überschreiten der Ac1b-Temperatur bewirkt ein partielles Austenitisieren des Gefüges in der Werkzeugrandschicht. Durch die sich an den Umformvorgang anschließende Werkzeugkühlung wird das teilaustenitisierte Gefüge wieder abgeschreckt. Dadurch bildet sich ein sehr hartes, feinkörniges, martensitisches Gefüge aus, welches in Schliffbildern bereits nach wenigen Schmiedezyklen in Form einer weißen Schicht zu erkennen ist. Dieser Vorgang wiederholt sich zyklisch. Durch das zusätzliche Legieren eines Warmarbeitsstahls mit Austenit stabilisierenden Legierungselementen kann die werkstoffspezifische Ac1b-Temperatur abgesenkt werden. Die Absenkung zielt dabei auf eine tiefer in das Werkzeuginnere reichende Randschichthärtung ab, die zur Erhöhung der Verschleißbeständigkeit der Werkzeuge beitragen soll. LEGIERUNGSENTWICKLUNG Um den Effekt der zyklischen Randschichthärtung verstärkt zu nutzen, wurden Legierungskonzepte auf Basis des Warmarbeitsstahls 1.2365 mit zusätzlichen Anteilen an Austenit stabilisierenden Elementen entwickelt. Neben Mangan (Mn) wurden die Elemente Nickel (Ni) und Kobalt (Co) in die Legierungsentwicklung einbezogen. Durch softwaregestützte Berechnungsverfahren auf Basis der chemischen Thermodynamik konnten zunächst zahlreiche Legierungskonzepte auf ihr Umwandlungsverhalten hin analysiert werden. Aus den Berechnungen wurden unterschiedliche Legierungsvarianten identifiziert, welche sich für die definierte Zielsetzung eignen. Das theoretisch ermittelte Umwandlungsverhalten wurde anschließend in experimentellen Untersuchungen durch die Ermittlung von Längenänderungs Temperatur-Kurven validiert (Bild 2). Im Vergleich zum Warmarbeitsstahl 1.2365 konnte zum Beispiel durch das Hinzulegieren von 3,94 % Mangan und 1,77 % Nickel (Massenanteil in %) die Ac1b-Temperatur des modifizierten Stahls um 128 °C reduziert werden. Durch eine ganzheitliche Betrachtung der Auswirkungen der in variierenden Mengen hinzulegierten Elemente, sowohl auf das Umwandlungsverhalten als auch auf die mechanischen Eigenschaften, wurde die Legierung mit zusätzlichen Anteilen von etwa 2 % Mangan und 1,6 % Nickel für den Einsatz in weiterführenden industriellen Praxisversuchen ausgewählt. EINSATZ DER MODIFIZIERTEN LEGIERUNG IN DER INDUSTRIELLEN PRAXIS Es wurden Werkzeuge aus der modifizierten Legierung in industriellen Prozessen eingesetzt, um die Leistungsfähigkeit in der Praxis zu ermitteln. Dazu wurden unter anderem Serienschmiedeversuche an Werkzeugen in Form eines Napfstempels auf einer automatisierten Mehrstufenpresse mit horizontaler Stößelbewegung durchgeführt. Der Einsatz der Werkzeuge erfolgte unter reproduzierbaren Versuchsbedingungen bis zum Erreichen der Standmenge. Im Anschluss daran wurden die Werkzeuge metallografisch analysiert. Lichtmikroskopische Untersuchungen sowie Mikrohärtemessungen wurden dazu genutzt, die Gefügeveränderungen zu charakterisieren und die erwartete Neuhärtung in der Randschicht zu erfas 46 massivUMFORMUNG | MÄRZ 2016
massivUMFORMUNG Maerz 2016
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