Spektrum Bild 1: Rundkneten ermöglicht den Konstrukteuren ein hohes Maß an gestalterischer Freiheit. Selbst komplexe Innenprofile, Verzahnungen und besonders anspruchsvolle Außengeometrien sind möglich. SchmiedeJOURNAL September 2015 59 der möglichen Formen ist größer als bei anderen Umformverfahren. Rundkneten ermöglicht den Konstrukteuren ein hohes Maß an gestalterischer Freiheit. Selbst komplexe Innenprofile, Verzahnungen und besonders anspruchsvolle Außengeometrien mit einer Zweifach, Drei-, Vier- oder Sechskantoberfläche sowie Einschnürungen oder Einstiche bei zylindrischen oder variierenden Außendurchmessern sind möglich. Durch den Einsatz von Dornen können wiederum die Innenseiten eines Rohrs präzise umgeformt werden. So sind zum Beispiel Vierkant Innenkonturen oder auch Innenprofile wie Kerbverzahnungen oder Evolventenverzahnungen möglich. Kleiner Hub und hohe Frequenz Grundsätzlich spielt sich im Inneren der Rundknetmaschine ein hochpräziser Umformprozess ab: Die Werkstücke werden zunächst in axialer Richtung in das Knetwerk eingeführt. Anschließend kommen zwei bis vier oder sechs gegeneinander wirkende Werkzeuge zum Einsatz, die mit kleinem Hub und einer Frequenz von 25 bis 50 Hz auf das Rohr einwirken. Im Knetwerk treibt eine Welle mehrere Stößel mit Werkzeugen an. Befinden sich die Stößel zwischen zwei Druckrollen, sind die Werkzeuge geöffnet. Befinden sich die Druckstößel jeweils unter einer Rolle, sind die Werkzeuge geschlossen – und wirken auf das Bauteil ein. Die Umformung erfolgt also durch eine Vielzahl von schnell aufeinander folgenden Druckimpulsen. Dabei bewirkt das verdrängte Material eine Wandstärkenvergrößerung sowie ein Längenwachstum des Werkstücks. Die Mikrostruktur des Werkstücks wird zudem fester und über den gesamten Werkstückquerschnitt hinweg stabiler. Die Wandstärke lässt sich sehr genau definieren. Leichte Bauteile Gleichzeitig sinkt durch den Einsatz von leichten Rohr-Rohlingen der Werkstoffbedarf für ein Bauteil massiv – die Ressourcenschonung ist gewissermaßen ein integraler Bestandteil des Verfahrens. Zudem fällt nur minimaler Abfall an, weil auf spanende Prozesse weitgehend verzichtet wird. In der Praxis führt dieser Ansatz zu messbaren Erfolgen: So ist es mithilfe des Rundknetens möglich, eine Lenkstange im Vergleich zu spanenden Verfahren um rund 650 Gramm leichter zu produzieren (Bild 2). Bei den branchenüblichen Stückzahlen führt dies zu hohen Materialeinsparungen in der Jahresproduktion. Zugleich wird jedes einzelne Auto leichter – sein Kraftstoffverbrauch sinkt. Energieverbrauch reduzieren In den letzten Jahren wurde dieses Verfahren durch die Spezialisten laufend weiterentwickelt. Auch und gerade der Energie und Ressourcenverbrauch der Technologie steht dabei im Zentrum. So setzen die Ingenieure bei der Konstruktion der modularen Anlagen mit dem Namen Generation E ausschließlich auf elektrische Antriebsachsen (Bild 3). Auf diese Weise entfällt die hydraulische Blindleistung, die benötigte Strommenge nimmt mithilfe eines intelligenten Energiemanagements ab und der Verbrauch von Betriebsstoffen wie Schmieröl verringert sich. Im Vergleich zu hydraulisch angetriebenen Rundknetmaschinen reduziert sich der Gesamtenergieverbrauch um rund 60 Prozent – bei gleichzeitig steigender Produktivität des Systems. Mehrere Faktoren sind hierfür verantwortlich, beispielsweise die Rüstzeiten: Der Bediener erreicht die Umformwerkzeuge ohne den Einsatz von Werkzeugen innerhalb von wenigen Sekunden. Zusätzlich unterstützt die spezielle Bedienoberfläche den schnellen Werkzeugwechsel, weil die jeweils zu tauschenden Komponenten auf dem Monitor angezeigt werden. Insgesamt führen diese Maßnahmen zu Rüstzeitverkürzungen von 50 Prozent. Angesichts der zunehmenden Bauteil Variantenvielfalt im Automobilbau, die zu mehr Produktionswechseln führt, ist das ein nicht zu unterschätzender Faktor für schlanke, ressourceneffiziente Produktionsprozesse. Bild 2: Die Pkw-Lenkwelle entsteht in nur 7 Arbeitsschritten aus dem Rohr-Rohling: drei Rundknetoperationen, Verzahnungspressen zum Aufbringen der Außenverzahnung, Gewindewalzen sowie zwei Drehoperationen. Auf einer vollautomatischen Transferanlage beträgt die Taktzeit rund 15 Sekunden.
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