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bestimmt sind und nur sekundär durch die aktuelle Oberflächentemperatur der Werkzeuge. Entsprechende Untersuchungen mit einer vollständigen Kopplung von Simulationen einer Vielzahl von Umformhüben mit jeweils zwischengeschalteter Temperaturfeldberechnung in den Werkzeugen belegen die Zulässigkeit dieser Annahme. Bild  4 zeigt exemplarisch Ergebnisse der Temperaturfeldberechnung in den Umformwerkzeugen der zweiten Umformstufe (Napfrückwärtsfließpressen) einer dreistufigen Umformfolge der Firma Schondelmaier (nicht identisch zum Prozess in Bild  3). Dargestellt sind die inhomogenen Temperaturfelder in den drei beteiligten Werkzeugen nach 100 Umformhüben sowie der Temperaturverlauf für eine Referenzposition in der Matrize. Es ist deutlich zu erkennen, dass mit 100 Umformhüben (entspricht 5  Minuten) noch kein vollständig stationärer Zustand erreicht ist. Die Zacken im Temperaturverlauf für die Referenzposition liegen darin begründet, dass der TOOLTEMP-Analyzer nicht nur die Wärmeströme vom Bauteil in die Werkzeuge während der eigentlichen Umformphase eines Umformhubs berücksichtigt, sondern auch die Phasen, in denen das (warme) Bauteil vor und nach der Umformphase in den Umformwerkzeugen Literatur Ste99 Steenberg, T.; Olsen, J. S.; Christensen, E.; Bjerrum, N. (1999): Estimation of temperature in the lubricant film during cold forging of stainless steel based on studies of phase transformations in the film. Wear, 232, pp. 140-144. Hem99 Hemyari, D. (1999): Methode zur Ermittlung von Konstruktivmodellen für Reibvorgänge in der Massivumformung bei erhöhten Temperaturen. Dissertation, Technische Universität Darmstadt. Shaker Verlag, Aachen. Rae02 Raedt, H. W. (2002): Grundlagen für das schmiermittelreduzierte Tribosystem bei der Kaltumformung des Einsatzstahles 16MnCr5. Dissertation, Aachen. 32 SchmiedeJOURNAL September 2014 verweilt. Betrachtet man die einzelnen Phasen (Liegen im Werkzeug vor der Umformung: zirka 0,5  Sek., Umformung: zirka 0,22  Sek., Liegen im Werkzeug nach der Umformung: zirka 1,5  Sek., Ausstoßen: zirka 0,78  Sek.), so wird deutlich, dass die Verweilzeiten sich erheblich von der eigentlichen Umformphase unterscheiden und damit insbesondere die Bereiche hoher lokaler Temperaturen einen signifikanten Temperaturausgleich (=  Zacken) erfahren. Die lokalen Werkzeugtemperaturen, insbesondere an der Werkzeugoberfläche im Bereich des Werkstück/ Werkzeug Kontakts, dienen letztendlich als eine Basisinformation, die in einem weiteren Softwaretool der Firma Filzek TRIBOtech herangezogen wird, um die Auswirkungen auf die Tribologie abzuschätzen beziehungsweise für den betrachteten Prozess ein geeignetes tribologisches System zu ermitteln. Zusammenfassung und Fazit Erfahrungen zeigen, dass die Temperatur bei Produktionsanlauf von Prozessen der Kaltmassivumformung eine hohe Bedeutung besitzt. Messungen der Reibung mit der Gleitstauchanlage zeigen einen Reibwertabfall von bis zu 45 Prozent mit einer zunehmenden Erhöhung der Temperatur. Bei Schmierstoffsystemen basierend auf Zinkphosphat kann abhängig von der Kontaktnormalspannung und Oberflächenvergrößerung bereits ab einer Temperatur von 150 °C bei Versuchsbeginn Adhäsion auftreten. Auf Grund dieser hohen Bedeutung der Temperatur ist es notwendig, diese für den realen Prozess zu ermitteln. Messungen mit in Werkzeuge eingebrachten Temperatursensoren zeigen, dass bei Produktionsbeginn die Temperatur fortlaufend ansteigt und erst nach vielen Hüben einen stationären Wert erreicht. Dieser lag beim Napfen am Stempel in einer Entfernung von 10 mm zur Oberfläche bei über 300 °C. Diese Messungen sind jedoch sehr aufwendig. Entsprechend ist die Vorhersage der Temperatur mit Simulationen sinnvoll. Diese erlaubt der TOOLTEMP-Analyzer mit einer akzeptablen Rechenzeit und Genauigkeit. Eine beispielhafte Simulation zeigt dessen Möglichkeiten auf. n Fachbeiträge Dipl.-Ing. Christoph Müller Dr.-Ing. Jan Filzek Bay94 Bay, N. (1994): The state of the art in cold forging lubrication. Journal of Materials Processing Technology, 46, pp. 19-40. Gro13a Groche, P.; Müller, C.; Stahlmann, J.; Zang, S. (2013): Mechanical Conditions in Bulk Metal Forming Tribometers – Part One. Tribology International, 62, pp. 223-231. Wib95a Wibom, O.; Nielsen, J. A.; Bay, N. (1995): Einfluss der Werkzeugtemperatur auf Reibung und Schmierung beim Kaltmassivumformen von Stahl. Umformtechnik, 29-2, S. 106-112. Gro04a Groche, P.; Kappes, B. (2004): Tribologie der Massivumformung – Modellprüfstände der Tribologie. Handbuch der Tribologie und Schmierungstechnik, S. 1-15. Danksagung Ein besonderer Dank gilt dem Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) für die Finanzierung der hier vorgestellten Arbeiten aus dem Projekt „Entwicklung einer innovativen Auslegungsmethodik und computergestützter Analyse-Tools zur thermisch tribologisch gekoppelten Analyse und Optimierung von temperaturabhängigen Prozessen in der Kaltmassivumformung“ durch das Zentrale Innovationsprogramm Mittelstand (ZIM). Nit10 Nittel, K. D.; Bucci, B.; Hellwig, R.; Schoppe, J.; Ostrowski, J.; Zwez, P. et al. (2010): Surface Treatment – Facts, Trends and Outlook for the Cold Forging Industry. Proceedings of ICFG Plenary Meeting, pp. 142-152. Zan14a Zang, S.; Müller, C.; Bodenmüller, D.; Groche, P. (2014): Influence of Temperature on Environmentally Benign Tribological Systems in Cold Forging Operations. In Press. Proceedings of NAMRI/SME, 42. Mue14a Müller, C.; Groche, P. (2014): Tribological measurement in cold forging. Proceedings of the 19th International Colloquium Tribology. Prof. Dr.-Ing. Dipl.-Ing. Oliver Oehler M. Sc. Philipp Scherzinger Dr.-Ing. Michael Twickler Dipl.-Wirtsch.-Ing. Peter Groche


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