Spektrum 1: Fertigungsfolge des Kaltpressens einer mehrfach verzahnten, hohlen Welle: 1 – Napf-Rückwärts-Fließpressen; 2 – Lochen; 3 – Hohl-Vorwärts-Fließpressen; 4 – kombiniertes Hohl-Vorwärts- und Hohl-Rückwärts-Fließpressen. SchmiedeJOURNAL März 2014 55 Fertigungsfolge Im Rahmen des Forschungsprojekts IGF 16940N (Lagegenauigkeit der Innen- und Außenverzahnungen an umformtechnisch gefertigten hohlen Wellen) wird am Institut für Umformtechnik an der Universität Stuttgart eine Fertigungsfolge zur Herstellung von hohlen Pressteilen mit Innen- und Außenverzahnung gemäß Bild 1 untersucht. Im Schwerpunkt der Untersuchung stehen die Fehlerfortpflanzung und Addition von Lagegenauigkeitsabweichungen. Die Fertigungsfolge beinhaltet die Herstellung einer napfförmigen Geometrie durch das Napf-Rückwärts-Fließpressen, die Entfernung des Napfbodens (Lochen), die Erzeugung eines endgültigen rohrförmigen Halbzeugs durch das Hohl-Vorwärts-Fließpressen und schließlich das Verzahnungspressen mittels eines kombinierten Hohl-Vorwärts- und Hohl- Rückwärts-Fließpressvorgangs. Aktuelle Fertigungstoleranzen rohrförmiger, durch das Napf-Fließpressen hergestellter Halbzeuge – insbesondere bezüglich der Koaxialität zwischen Außen- und Innenoberfläche – unterliegen Abweichungen, die in der nachfolgenden Bearbeitung nur mangelhaft beziehungsweise gar nicht ausgeglichen werden können. Erreichbare Werte der Koaxialität liegen je nach Größe des Werkstücks zwischen 0,05 mm und 0,3 mm 3. Herstellung der Hohlform Zur Reduzierung der Lagegenauigkeitsfehler beim Napf-Rückwärts- Fließpressen ist eine aufwendige Führung der Werkzeughälften erforderlich, da sich die formgebenden Werkzeugteile (Matrize und Stempel) nicht in einer Werkzeughälfte befinden. Zu Prozessbeginn steigt die Axialkraft auf den Stempel, wodurch dieser gestaucht wird. Gleichzeitig kommt es zur elastischen Aufweitung der Matrize aufgrund der Werkzeugbelastung in der Kavität. Eine konventionelle Zentrierhülse als Stempelführung in der Matrize kann die beschriebenen Abläufe nur bedingt kompensieren und erlaubt somit keine konstante Führung der beiden Werkzeughälften. Im Rahmen dieser Arbeit wurde der Lösungsvorschlag zum modifizierten Führungskonzept beim Napf-Rückwärts-Fließpressen konzipiert und konstruktiv ausgearbeitet. Die Stempel- Führungseinheit besteht aus einer äußeren, längs geschlitzten und einer inneren Hülse, welche mit einander über ihren konischen Oberflächen kontaktieren (Bild 2, rechts). Dabei erfolgt der Ausgleich einer prozessbedingten Aufweitung des Matrizendurchmessers durch eine Verstellung der inneren Hülse relativ zu den äußeren und eine dadurch ausgelöste Aufspreizung der äußeren Hülse (Bild 2, mitte). Das prozessbedingte Aufstauchen des Stempels wird in der Führungseinheit in einer Ausführungsvariante durch das Vorhalten des Stempeldurchmessers und in der zweiten Variante durch eine Elastomer-Einlage auf der Innenseite der inneren Hülse kompensiert. Ergebnisse experimenteller Untersuchungen mit dem in Bild 2, links dargestellten Werkzeug zeigen, dass die spezifische Werkzeuganordnung mit der Zentrierung des Stempels in der Matrize über eine adaptive Führungshülse folgende Fehlerquellen nur zum Teil egalisieren kann: • Rechtwinkligkeitsfehler am Rohteil, • Ungleichmäßigkeit der Härteverteilung im Querschnitt des Rohteils, • Fehler in der Stempelbefestigung beziehungsweise -positionierung, • Fertigungsfehler am Stempel und • werkzeugspezifisches Spiel zwischen Stempel und Führungshülse zu Prozessbeginn. Bild 3 vergleicht Lagegenauigkeitsfehler von Pressteilen, welche ausgehend von einem zylindrischen Halbzeug mit vorzentrierender Stirnflächenvertiefung mithilfe desselben Versuchswerkzeugs mit und ohne Stempelführungseinheit erzeugt wurden. Die Vermessung von anschließend gelochten Napfteilen zeigte, dass der Lochvorgang keine signifikante Veränderung der Lagegenauigkeit verursacht. Die weitere Umformung des hohlen Werkstücks erfolgt gemäß der in Bild 1 dargestellten Fertigungsfolge durch das Hohl-Vorwärts- Fließpressen mithilfe des in Bild 4 gezeigten Werkzeugs. Der Dorn befindet sich im Unterteil des Werkzeugs und wird mit dem im Oberteil des Werkzeugs montierten Stempel zentriert. Für das Ausstoßen/Abstreifen des Werkstücks wird die Auswerferhülse über acht Stifte betätigt. Mithilfe dieses Versuchsaufbaus wurden die durch das Werkzeug verursachten Abweichungen an den mit einer Genauigkeit unter 0,004 mm zerspanend angefertigten Proben analysiert. Die Vermessung dieser dem Hohl-Vorwärts- Fließpressen unterzogenen Werkstücke führte zu Koaxialitätsabweichungen im Bereich zwischen 0,007 und 0,015 mm. Dieser Abweichungsbereich kann als spezifische Genauigkeit des eingesetzten Versuchswerkzeugs betrachtet werden. Weitere Pressversuche mit den durch das Napf-Rückwärts-Fließpressen und Lochen erzeugten und mit unterschiedlichen Lagegenauigkeitsfehlern behafteten Halbzeugen ergaben, dass die Koaxialitäts- und KonBild Bild 2: Stempelführung mit aktiver Zentrierhülse im Werkzeug für das Napf-Rückwärts-Fließpressen.
2014-03-Schmiede-Journal
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