Dialog de Vathaire: Elektrische Großverbraucher in der Industrie müssen neben der bezogenen Wirkenergie auch für ihren Blindenergiebezug bezahlen. Es ist somit im Interesse der energieintensiven Betriebe, die Blindleistung stark zu begrenzen, wenn nicht sogar komplett zu eliminieren. Zur Begrenzung werden sogenannte Blindleistungskompensationsanlagen eingesetzt, die allerdings ihrerseits die Energiebilanz wieder verschlechtern. Schibisch: Besser ist es, eine arbeitspunktunabhängige Optimierung des Verbraucherleistungsfaktors auf einen konstanten Wert nahe 1 (kaum Blindleistung) durch Auswahl geeigneter Schaltungstopologien zu bringen. Wie können Unternehmen der Umformindustrie vor diesem Hintergrund ihr Energieaudit optimieren? de Vathaire: Der Anteil der Energiekosten an der Wertschöpfung hat auch bei modernen Betrieben massiv an Bedeutung gewonnen. Um im heutigen Umfeld bei langfristig steigenden Energiekosten bestehen zu können, ist jeder Betreiber gut beraten, seine Energiekosten zu kontrollieren beziehungsweise zu optimieren. Obwohl induktive Erwärmungsanlagen im Vergleich zu anderen Technologien aufgrund des Verfahrensprinzips besonders energieeffizient arbeiten, verursachen sie nach wie vor den Großteil der Energiekosten. Betrachten wir den Gesamtwirkungsgrad einer Produktionsanlage, zum Beispiel eine Anlage zum induktiven Erwärmen von Blöcken oder Stangen vor den Umformaggregaten. Der Gesamtwirkungsgrad einer Induktionserwärmungsanlage ist das Produkt der Einzelwirkungsgrade der unterschiedlichen Einzelkomponenten, nämlich des Mittelspannungstransformators, des Frequenzumrichters, 16 SchmiedeJOURNAL März 2014 der Stromschienen und des Induktors sowie des thermischen Wirkungsgrads. Wie sind denn die Einzelwirkungsgrade bei solch einer Anlage verteilt? Schibisch: Ich möchte hier nicht alle Einzelwirkungsgrade und die energetische Verluste nacheinander aufzählen, sondern versuche zu veranschaulichen, wie es in einer realen Situation in einem Schmiedebetrieb vorkommt: Von 1.253 kW Energieverbrauch am Netz stehen zur Erwärmung eines Werkstücks auf 1.250 °C nur 812 kW zur Verfügung, was einem Gesamtwirkungsgrad von knapp 65 Prozent entspricht. Die energetischen Verluste der einzelnen Komponenten der Erwärmungsanlagen summieren sich zu 441 kW, wovon alleine der Induktor gute 200 kW Verlustleistung produziert. Es ist ferner ganz klar, dass es bei einem modernen Mittelspannungstransformator mit einem sehr hohen Wirkungsgrad von rund 99 Prozent kaum noch etwas zu verbessern gibt, ausgenommen die Induktionsspule. Denn sie hat mit knapp 75 Prozent Einzelwirkgrad einen starken Einfluss auf den Gesamtwirkungsgrad der Anlage. Hier liegt der Ansatz der Optimierung und somit leistet jeder Betrieb, der seine Anlage einem Audit unterzieht, auch einen Beitrag zur Nachhaltigkeit. Wenn Wirkungsgrade optimiert werden, dann doch wohl am besten bei der Umrichtertechnologie und bei der Spule. Oder noch woanders? de Vathaire: Bleiben wir erst bei der Umrichtertechnologie und der Induktionsspule. Wir konnten, wie im Beispiel beschrieben, die neu entwickelte Umrichtergeneration mit dem optimierten L-LC-Schwingkreis zum Einsatz bringen, der einen Umrichterwirkungsgrad ηUmrichter von 0,97 Prozent hervorbringt. L-LC bezeichnet hier die Beschaltung am Ausgang der Wechselrichter. Obwohl die L-LC-Schaltung zwei Resonanzstellen aufweist – eine Parallel- und eine Serienresonanz – können beide abhängig von den angestrebten Eigenschaften der Schaltung und der Applikation genutzt werden. Es müssen spezielle Algorithmen zur Steuerung des Wechselrichters eingesetzt werden, um die gewünschte Resonanzstelle (parallel oder seriell) zu finden und den Arbeitspunkt eindeutig und energieeffizient festzulegen. Schibisch: Ein weiterer wichtiger und effizienter Ansatz zur Verbesserung der Energieeffizienz kann bei der Optimierung der Induktionsspule erreicht werden. Beim Einsatz von höherwertigem Kupfer entstehen weniger Verluste. Der elektrische Wirkungsgrad ist entsprechend höher. Wir haben Spulen aus Cu-DHP mit der Werkstoff-Nr. CW024A – also mit Kupferanteil von größer als 99,9 Prozent – mit Spulen aus Cu-HCP (Werkstoff- Nr. CW021A) – mit Kupferanteil von größer als 99,95 Prozent – verglichen. Dabei stellten wir fest, dass die Energieeffizienz bei Cu-HCP sehr gut ist, im Vergleich zur guten Energieeffizienz der Spule aus Cu-DHP. Mit dem Einsatz des Cu-HCP verteuern sich zwar sowohl die Material- als auch die Herstellungskosten auf Grund aufwendigerer Bearbeitungsverfahren, dennoch profitiert der Anwender durch die energieeffizienten Eigenschaften des hochwertigen Kupfermaterials in den Induktionsspulen. Der deutlich geringere spezifische Widerstand trägt über die langen Produktionszeiträume deutlich dazu bei, dass Energie eingespart wird. Dieser Aspekt der Wirtschaftlichkeit ist nicht mehr wegzudenken. de Vathaire: Selbstverständlich spielen zur Energieeinsparung weitere Faktoren ebenso eine wichtige Rolle wie zum Beispiel das genaue Analysieren des Produktspektrums Bild 3: Erwärmungsprofile für Kurbelwellenrohlinge auf einer EloForge TM XL Erwärmungsanlage. Bild 4: Energieverbrauch am Netz. Beispiel: Durchsatz: 3.500 kg/h, Netzverbrauch: 358 kWh/t, Werkstücktemperatur: 1.250 °C. Bilder: SMS Elotherm
2014-03-Schmiede-Journal
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