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2013-09-Schmiede-Journal

Spektrum SchmiedeJOURNAL September 2013 65 Wird nun das Gesamtvolumen der Zwischenform in OP3 auf der Grundlage einfacher Kreisringquerschnitte in einzelne Volumenanteile zerlegt und die Querschnitte dieser Volumenanteile entsprechend der zu erwartenden Volumenverschiebung rückgerechnet, so ist die Zwischenform in OP2 bestimmbar (Bild 4). Nach diesem Prinzip erfolgt unter Berücksichtigung der umformtechnischen Randbedingungen die Auslegung der Zwischenformen für alle Stufen des Stadienplans. FEM-Prozesskettensimulation Die Erzielung realitätsnaher Simulationsergebnisse setzt nicht nur die Modellierung der gesamten Umformprozesskette der Eisenbahnradfertigung voraus, sondern erfordert eine ebenso hinreichend genaue Modellierung der Werkzeuge und der dem Prozess zu Grunde liegenden Kinematiken. Dem Anwender der Engineering-Umgebung steht für seine Untersuchungen daher ein vorkonfiguriertes und aus JES heraus vorparametrisiertes Prozesskettenmodell zur Verfügung. Neben der Möglichkeit zur Modellverfeinerung (zum Beispiel Werkzeugaufbau) bietet dieses Prozesskettenmodell Voraussetzungen für eine Erweiterung der Prozesskette (durch Wärmebehandlung) oder Vertiefung des Modellierungsgrades (der Gefügestruktur). Grundsätzlich werden im Prozesskettenmodell die Werkstückparameter aus dem vorhergehenden Prozessschritt als Eingangsparameter für die folgende Simulationsrechnung verwendet. Im betrachteten Fall der Eisenbahnradfertigung sind die Schmiedeprozesse der Prozesskette jeweils als zweidimensionales, rotationssymmetrisches Modell aufgebaut (FEM-Berechnung). Die Handlingzeiten zwischen den einzelnen Umformprozessen, die durch den erfolgenden Temperaturausgleich zu einer Homogenisierung der Werkstücktemperatur führen, werden in der Simulationsrechnung als Kühlung an der Luft berücksichtigt. Für die Simulation des Radwalzprozesses wird die 2D-Werkstückkontur automatisch in eine rotationssymmetrische 3D-Werkstückkontur umgewandelt. Temperaturen und Umformgrade werden dabei ebenfalls in den 3D-Raum übertragen. Es erfolgt eine kontinuierliche Erfassung von Abmessungen, Geschwindigkeiten und Kräften, um in geschlossenen Regelkreisen aktualisierte Geschwindigkeiten und Zustellungen berechnen zu können. Diese Regelkreise sind vollständig im Solver integriert, was eine schnelle, stabile und besonders realitätsnahe Berechnung ermöglicht (Bild 5). Die typische Aufteilung von Finite-Elemente Simulationen, das heißt die Festlegung der Geschwindigkeiten im Preprocessing und Auswertung im Postprocessing mit anschließender Anpassung der Geschwindigkeiten in einem erneuten Preprocessing, ist dabei aufgehoben. Zusammenfassung Das am Beispiel der Fertigung von Eisenbahnrädern vorgestellte Konzept einer Engineering Umgebung für Prozessketten der Massivumformung ermöglicht auf der Grundlage von bewährten analytischen Ansätzen eine schnelle Auslegung benötigter Zwischen- und Rohteilformen. Die dabei generierten Daten stehen als Parameter für die Steuerung der an der Prozesskette beteiligten Massivumformmaschinen und als Angangswerte für die Prozessoptimierung mittels numerischer FE-Simulation zur Verfügung. Der Austausch der (konsistenten) Daten zwischen den Modulen der Engineering-Umgebung und der Systemsteuerung erfolgt über definierte Schnittstellen und Datenformate. Im Sinne einer möglichst einfachen Bedienung sind die Nutzerinterfaces von Auslegungssoftware, Maschinensteuerung und FE-Simulation aufeinander abgestimmt und in wichtigen Bereichen identisch gestaltet. Das zur Verfügung stehende Prozesskettenmodell bietet im Rahmen der FE-Simulation umfangreiche Möglichkeiten sowohl für seine vertikale (Gefüge), als auch horizontale (Prozesskettenerweiterung) Skalierung sowie die Integration in vor- beziehungsweise nachgelagerte Prozesssimulationen. n Literatur 1 Kuss, M.; Harrer, O.; Buchmayr, B.: Herausforderungen bei der Simulation von inkrementellen Umformverfahren zur Herstellung von Leichtbauprodukten, Neuere Entwicklungen in der Massivumformung, 2013, ISBN 978-3-88355- 395-5, S. 107-115. 2 Bergmann, M.; et al.: Beitrag zur numerischen Simulation inkrementeller Massivumformverfahren, Schmiede Journal, März 2013, ISSN 0933-8330, S. 28-31. 3 Lange, K.: Umformtechnik, Bd. 2, Massivumformung, 1988, ISBN 978-3- 54017-709-8, S.138-145. 4 Spur, G.; Neugebauer, R.; Hoffmann, H.: Handbuch Umformen, 2012, ISBN 978- 3-44642-778-5, S. 187-194. 5 Schafstall, H.; et al.: Neueste Entwicklungen in der Simulation von Umformprozessen zur Unterstützung zukünftiger Anforderungen, Neuere Entwicklungen in der Massivumformung, 2011, ISBN 978-3- 88355-386-3, S. 173-192. 6 Bernhardt, R.; et al.: Physikalischstatistisch basierte Multiskalen-Simulation in Prozessketten der Massivumformung, Neuere Entwicklungen in der Massivumformung, 2013, ISBN 978-3-88355-395-5, pp. 89-106. Preprocessing anwendungsorientierte Einstellparameter Solver Regelkreis für jedes Inkrement gegenwärtiger Status Positionen, Abmessungen, Geschwindigkeiten, Kräfte Berechnung von Zustellungen und Geschwindigkeiten Postprocessing Ergebnisse des inkrementellen Umformprozesses Bild 5: Solverprinzip für inkrementelle Prozesse. Bilder: Autoren Dr.-Ing. Dirk Klug Dr.-Ing. Hendrik Schafstall Dipl.-Ing. Markus Bergmann


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