Spektrum Die Umformprozesssimulation ist aber nur ein Teilaspekt einer ganzheitlichen Fertigungsprozessanalyse beziehungsweise -gestaltung. Zusätzlich ist notwendig, die Umformhistorie der aufeinanderfolgenden Prozesse mit einzubeziehen. Das gelingt mit der Simulation von mehrstufigen Prozessen im Rahmen einer erweiterten Prozesskettenmodellierung (Bild 1), sodass die Vorgeschichte von Werkstück und Material in den jeweiligen Umformprozesssimulationen Berücksichtigung findet. Eine besondere Herausforderung für die Software zur Simulation der gesamten Prozesskette liegt darin, dass diese fertigungsnah, bedienerfreundlich und interpretierbar sein muss sowie Möglichkeiten zur Kopplung mit dem realen Fertigungssystem und den Verfahren zur Prozesskettenauslegung bietet. Engineering-Umgebung Die für die Herstellung von Eisenbahnrädern entwickelte Engineering-Umgebung beruht auf zwei unabhängig voneinander lauffähigen Softwarelösungen mit adaptiertem Nutzer-Interface, welche über definierte Schnittstellen untereinander sowie mit der Fertigungslinie für Eisenbahnräder Daten austauschen und diese verarbeiten. Kerninhalt beider Softwarelösungen ist die informationstechnische Analyse und Verarbeitung der bei der Fertigung von Eisenbahnrädern zu durchlaufenden Umformoperationen. Zum einen beinhalten die Softwarelösungen die als FPS bezeichnete FEM-Prozesskettensimulation der Schmiede- und Walzoperationen auf Basis von simufact.forming und zum anderen das als Job-Engineering-Software (JES) bezeichnete neuentwickelte Tool zur Stadienplanung und Generierung der Maschinenparameter beziehungsweise Walzstrategie. Die in JES generierten Prozessparameter sowie Sollgeometrien für Werkstück und Werkzeug werden als Eingangsparameter für die Maschinensteuerung beziehungsweise die Prozesskettensimulation genutzt. Dem Anwender ist es möglich, gezielt sowohl einzelne Prozessstufen als auch die Gesamtprozesskette auszulegen und zu optimieren. Durch die eigenständige Nutzbarkeit der Komponenten der Engineering Umgebung vereinfacht sich nicht nur die Handhabung, sondern auf Grund der damit verbundenen Robustheit und Störungsunempfindlichkeit wird eine hohe Produktivität und Verfügbarkeit sowohl der Engineering-Umgebung als auch der Fertigungslinie gewährleistet. Analytischer Ansatz Die Entwicklung des produktspezifischen Stadienplans und seiner zugehörigen Zwischenformen ist ein komplexer Prozess, der auf bewährten analytischen Ansätzen beruht und neben zahlreichen Randbedingungen (zum Beispiel Werkstoff, Rohteildurchmesser, Verzug) auch die einzuhaltenden Maschinen- und Prozessparameter berücksichtigt und deren Einhaltung kontrolliert. Ausgehend von der Fertigteilgeometrie des zu fertigenden Rades 64 SchmiedeJOURNAL September 2013 werden rückwärts entlang der Prozesskette die jeweiligen Zwischenformen bis hin zur Rohteilgeometrie entwickelt (Bild 2). Wesentliche Kriterien für die Zwischenformauslegungen sind die Einhaltung von Volumenkonstanz und Volumenverteilung in den maßgeblichen Radbereichen Radkranz, Steg und Nabe. Diese Vorgehensweise wird kurz an der Bestimmung der Zwischenform von OP2 aus OP3 verdeutlicht. Durch das Walzen in OP3 kommt es im Bereich von Steg-Radkranz, sowohl in axialer als auch in radialer Richtung zu Volumenverschiebungen, deren Bewegungsrichtungen miteinander gekoppelt sind. Im Bereich von Nabe-Steg tritt nur eine geringe Volumenverschiebung in axialer Richtung auf. Die prinzipielle Grundkontur von OP3 ist bereits in OP2 vorhanden, da während des Walzens lediglich die Ausformung der Detailkontur erfolgt (Bild 3). Bild 2: Eingabemaske JES. Bild 3: Ableitung Zwischenformprofil. Bild 4: Volumenverschiebung zwischen OP3 (unten) und OP2 (oben).
2013-09-Schmiede-Journal
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