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2013-03-Schmiede-Journal

Fachbeiträge Verfahrenskombinationen mit anderen Fließpressverfahren wie zum Beispiel Stauchen und Aufweiten, Stauchen und Quer-Fließpressen oder die Umformung im erhöhten Temperaturbereich zu einer verbesserten Halbzeugstabilität während des Umformens führen (siehe Langfassung des Abschlussberichts). Trotz Vermeidung des instabilen Ausknickens durch die beschriebenen Maßnahmen, kommt es aufgrund der lokalen Werkstoffverfestigung im faltengefährdeten Bereich und des Werkstoffflusses zu einer äquatorialen Faltenbildung, was anhand von metallographischen Untersuchungen nachgewiesen werden konnte. Ursache ist ein Einschluss des von oben nachfließenden, mantelflächennahen Werkstoffs im Bauteil. Dieser Mechanismus der Faltenbildung wird als Faltenbildung  2. Art bezeichnet. Die Falte 2. Art kann durch eine optimierte Fertigungsfolge, die eine Reduzierung der Werkstoffverfestigung im faltengefährdeten Bereich bewirkt, vermieden und so eine Erweiterung der Verfahrensgrenze bezogene freie Stauchhöhe um 30  Prozent (EN  AW  6082) beziehungsweise 20  Prozent (20MoCr4-FP) 38 SchmiedeJOURNAL März 2013 erreicht werden. Bei den im Rahmen des Forschungsprojekts durchgeführten numerischen Untersuchungen fiel auf, dass die Faltenbildung 2.  Art mittels der gängigen Material- und Verfestigungsmechanismen nicht prädiktiv vorhergesagt werden kann. Mittels der im Rahmen des Forschungsprojekts IGF  16496  N (Erzeugen von Flanschen und Bunden an hohlen Fließpressteilen) gefundenen und beim Bundanstauchen hohler Fließpressteile zur äquatorialen Faltenbildung führenden Einflussgrößen, kann die Verfahrensgrenze „bezogene freie Stauchhöhe“ erweitert werden. So können umformtechnisch hergestellte Leichtbaukomponenten hinsichtlich des Materialeinsatzes ressourcen- und kosteneffizient gefertigt werden. Die Verfahrensgrenzenerweiterung lässt die Ausweitung des umformtechnisch herstellbaren Teilespektrums hohler Bundwellen zu und kann zeit- und kostenintensive spanende Nacharbeit substituieren, wie auch in verschiedenen Fachaufsätzen 10,  11 diskutiert. Die erforderlichen Zwischenbehandlungen zur Rekristallisierung des umgeformten Gefüges und die erforderlichen Oberflächenbehandlungen bedingen hinreichende Stückzahlen, um eine wirtschaftliche Produktion solcher Bauteile zu gewährleisten. Eine Übersicht über die im Forschungsprojekt untersuchten Einflussgrößen, die gefundenen Faltenbildungsmechanismen und der notwendigen Maßnahmen zur Erweiterung der Verfahrensgrenze sind in Bild 5 dargestellt. Die im Rahmen der experimentellen Untersuchungen gefundenen Mechanismen und über den Stand der Technik hinausgehenden Faltenarten 2. und 3.  Art verdeutlichen die Relevanz der Forschung bei der Umformung von hohlen Halbzeugen. Anhand der Diskrepanz zwischen FEM und Falten  2. und 3.  Art kann weiterer Forschungsbedarf in der numerischen Abbildung der äquatorialen Faltenbildung, verursacht durch die lokal sehr hohe Verfestigung, abgeleitet werden. Die Untersuchungen werden in unterschiedlichen Vorhaben am Institut für Umformtechnik an der Universität Stuttgart weitergeführt. n Danksagung Das IGF-Vorhaben 16496 N der Forschungsvereinigung Forschungsgesellschaft Stahlverformung  e.  V. wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung und -entwicklung (IGF) vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestags gefördert. Die Langfassung des Abschlussberichts kann bei der FSV, Goldene Pforte 1, 58093 Hagen, angefordert werden. Die Autoren danken den Patenfirmen des Projekts für ihr außerordentliches Engagement. Literatur 1 Lange, K.; Kammerer, M.; Pöhlandt, K.; Schöck,  J. (2008): Fließpressen – Wirtschaftliche Fertigung metallischer Präzisionswerkstücke, Springer-Verlag Berlin, Heidelberg 2008, ISBN 978-3-540-30909-3. 2 Dieterle,  K.: Faltenbildung als Verfahrensgrenze beim Stauchen von Hohlkörpern. Berichte aus dem Institut für Umformtechnik Universität Stuttgart, Verlag W. Girardet 1975. 3 Felde,  A.; Braun,  M.; Bleyl,  F.: Untersuchungen der Verfahrensgrenzen des Kaltpressens von Bunden (Flanschen) an hohlen Teilen beziehungsweise hohlen Wellen, Abschlussbericht der GCFG-Studie Hohle Wellen, Institut für Umformtechnik, Universität Stuttgart, 2007. 4 Schiemann,  T., Liewald,  M., Dörr,  F., 2011, Manufacturing of hollow shafts by cold extrusion – a material efficient manufacturing technology for the production of lightweight transmission components, VDI Reports 2130, International VDI Congress Transmission in Vehicles 2011, VDI Verlag GmbH, Düsseldorf, pp. 323-342. 5 Schiemann,  T., Liewald,  M., 2011, Manufacturing of hollow cold formed components, in: International Cold Forging Group: 44th ICFG Plenary Meeting 2011; Sonderborg 2011, pp. 170-175. 6 Schiemann, T., Liewald, M., Mletzko, C., Felde, A., 2012, Verfahrensentwicklungen zum Fließpressen hohler Leichtbaukomponenten, in: Tagungsband 27. Jahrestreffen der Kaltmassivumformer VDI 2012, Düsseldorf 2012. 7 Semiatin, S.L. et. al. : ASM Handbook, Volume 14A, Metalworking: Bulk Forming, ASM International, Ohio, 2005, pp.126- 130. 8 Jun-Ho B., Moon-Saeng K., Myung- Jun S., Sung-Yuen J., Chul K.: A Study on Optimal Design and Fatigue Life of the Common Rail Pipe, in: International Journal of Precision Engineering and Manufacturing, Vol. 12, No. 3, pp. 475-483, 2011, DOI: 10.1007/s12541-011-0061-4. 9 Fischer,  U.; Heinzler,  M.; Kilgus,  R.; Näher, F.; Oesterle,  S.; Paetzold,  H.; Röhrer, W.; Stephan, A. (2002): Tabellenbuch Metall. 42. Auflage, Verlag Europa- Lehrmittel, Haan-Gruiten 2002, ISBN 3-8085-1672-0. 10 Quintenz, G.; Hofmann, T.; Raedt, H.- W.: GETPRO Kongress zur Getriebeproduktion, 11.-12.3.2009, Congress Centrum Würzburg, Deutschland, Herausgeber/ Veranstalter FVA, Band GETPRO - Kongress zur Getriebeproduktion, S. 218-226. 11 Schmieder, F., Kettner,  B.: Manufacturing of Hollow Transmission Shafts via Bulk-Metal Forging, in: Journal of Materials Processing Technology, Vol. 71, pp. 113-118, 1997. Dipl.-Ing. Thorben Schiemann Prof. Dr.-Ing. Mathias Liewald MBA


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