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2013-03-Schmiede-Journal

Fachbeiträge SchmiedeJOURNAL März 2013 37 Diese signifikanten Unterschiede der Härtewerte deuten auf eine unterschiedliche Umformgeschichte der untersuchten Werkstückbereiche hin, wenn man die Korrelation zwischen Härte und Verfestigung beziehungsweise Formänderung voraussetzt. Anders ausgedrückt, kann von einem gleichzeitigen Einfluss der Werkstoffverfestigung auf den Materialfluss und die Faltenbildung ausgegangen werden. Eine Rissbildung aufgrund der Überschreitung des zulässigen Formänderungsvermögens wurde anhand von EDX-Analysen widerlegt, mit denen sowohl für den Aluminiumwerkstoff als auch für den Stahlwerkstoff Schmierstoffreste bis in die Spitze der Falten nachgewiesen werden konnten. Um den Einfluss der Werkstoffverfestigung auf die äquatoriale Faltenbildung zu untersuchen, wurde eine alternative Prozessroute mit einer Wärmebehandlung zwischen 1. und 2.  Umformstufe durchgeführt. So kann einerseits das instabile Ausknicken vermieden und andererseits der Einfluss der Verfestigung auf die Faltenbildung untersucht werden. In Bild  4 sind die Ergebnisse der REM-Analyse und der Mikrohärteverteilung eines Werkstücks nach der 2.  Umformstufe mit Wärmebehandlung zwischen den Umformstufen gezeigt. Es ist ersichtlich, dass es bei Reduzierung der Verfestigung durch Zwischenglühen nur zur Bildung multipler, kürzerer Nebenfalten kommt. Die Länge dieser Nebenfalten ist signifikant geringer als die der Hauptfalten, liegt noch innerhalb der zulässigen Oberflächenrauigkeiten von Kaltfließpressteilen 9 (abhängig vom bezogenen Stauchhöhenverhältnis) und kann daher vernachlässigt werden. Die experimentellen Untersuchungen mit der alternativen Prozessroute wurden auch für Stahlwerkstoffe durchgeführt. Hier ergab sich neben dem Einfluss einer optimierten Massevorverteilung in Wechselwirkung mit einer Wärmebehandlung zwischen den Umformstufen ein Einfluss der Oberflächenqualität der inneren Mantelfläche vor der Umformung auf die Faltenbildung. Die Oberflächenrauheit der inneren Mantelfläche des hohlen Halbzeuges sollte möglichst gering sein. Verglichen mit dem einstufigen Bundanstauchen konnte durch einen optimierten zweistufigen Umformprozess die Verfahrensgrenze „bezogene freie Stauchhöhe  hs/ØDa” beim Bundanstauchen von hohlen Fließpressteilen für den untersuchten Aluminiumwerkstoff um 30 Prozent und den untersuchten Stahlwerkstoff um 20 Prozent erweitert werden (Tabelle 1). Zusammenfassung Die Faltenbildung beim Bundanstauchen von hohlen Fließpressteilen wird neben der geometrischen Haupteinflussgröße „freie (auf den Außendurchmesser des hohlen Halbzeugs) bezogene Stauchhöhe hs/ØDa“ signifikant von der lokalen Werkstoffverfestigung im faltengefährdeten Bereich beeinflusst. Kinematische und tribologische Einflussgrößen auf das Instabilitätsverhalten während des Umformens konnten hingegen nicht festgestellt werden. Das instabile Ausknicken bei zu großen bezogenen freien Stauchhöhen kann durch Aufteilung des Stauchprozesses in ein Vor- und Fertigstauchen vermieden werden, sofern mittels der ersten Umformstufe eine geeignete Massevorverteilung erfolgt. Die experimentellen Untersuchungen verdeutlichen, dass für eine Vermeidung der Faltenbildung und damit eine Erweiterung des Geometriespektrums, eine Unterscheidung zwischen den Mechanismen der Faltenbildung erfolgen muss. Die Faltenbildung  1. Art, verursacht durch ein instabiles Ausknicken des hohlen Halbzeugs bei zu großen freien Stauchhöhen, kann durch einen zweistufigen Umformprozess mit optimierten Vorstauchformen vermieden werden. Darüber hinaus können auch Bild 5: Konstruktionsrichtlinie zur Ableitung von Maßnahmen, um äquatorialer Faltenbildung beim Anstauchen von hohlen Fließpressteilen entgegenzuwirken. Bilder: Autoren


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