Dialog Und in Österreich regelt ein vorbildliches Gesetz, dass auch künftig der „Dipl.-Ing.“ verlie hen werden kann. Zugespitzt gesagt: Alle eu ro päischen Nachbarländer verleihen auch in Zukunft den „Diplom-Ingenieur“, nur nicht die, die ihn vor über 100 Jahren erfunden ha ben. Das kann doch wohl nicht sein. Da das Studium von Master of Science, Master of En gi neering und Diplom-In ge nieur in Meck len burg- Vor pom mern identisch ist: Han delt es sich hier nicht um einen Eti ket ten schwin del? Die alten Di plom studiengänge wur den abgeschafft und durch die neuen Bachelor- und Mas ter stu dien gän ge ersetzt. Aber da bei erfi nden wir doch nicht den Diplom-In ge nieur neu! Schließlich würde auch kein Au to mo bilher stel ler nach Einführung neuer Fer ti gungs pro zesse die be wäh r te Marke seiner Fahrzeuge än dern. Welch ein Unsinn, wenn Mer cedes mit der Einführung des Laser schweißens plötz lich seinen Stern abschaffen würde. Die neue zwei stu fi ge Struktur führt nach Abschluss zum gleichen Qua li fi - kationsprofi l, wie es frü her mit dem Diplom-Studiengang erreicht wurde, nur der Weg zu diesem Ziel ist etwas an ders. Insofern be schreibt der akademische Grad „Dipl.-Ing.“ das gleiche Ergebnis: Ein Bo lognakon form aus ge bildeter Diplom- Ingenieur aus Deutsch land. Wodurch un terschei den sich die alten Abschlüsse und die neu en Abschlüsse Bachelor of Science, Bachelor of Engineering und Master of Science, Master of Engineering bei Uni ver si tä ten und Fach hochschu len in Deutsch land? Noch nach 111 Jahren ein Qualitätsmerkmal. Bilder: Autorin Die bisherige deut sche In genieur aus bil dung hat sich als qua lita tiv hochwertig erwiesen, ob sie nun an Berufsakademien, Fach hoch schu len oder Universitäten ab sol viert wird. Zwei differenzierte Profi le bil den die starken Stand beine in der deutschen In ge nieur aus bil dung: Wir haben ein mal Inge nieur stu di en gän ge, de ren Aus bil dungs ziel die Be fähigung ist, den Stand der Technik in einem Fach umfassend an zu wen den. In Deutschland werden der ar tige an wen dungs bezogene Stu diengän ge vor wie gend von den Fach hoch schu len und zu neh mend von den Berufsakademien ange boten. Dies sind beide starke Akteure in ihrem Bereich. Früher wurden diese Ausbildungen regel mä ßig mit dem Grad „Dipl.-Ing. (FH)“ bzw. „Dipl.-Ing. (BA)“ abgeschlossen. Heute sind dies in der Regel „Bachelor“ beziehungsweise „Master of Engineering“. 14 Schmiede-Journal März 2011 Die Ausbildung an den Tech ni schen Universitäten hingegen bringt for schungs- und innovationsorientierte In ge nieure hervor. Hier kann die In ge nieur qua li fi ka tion erst mit Abschluss des zweiten Zyklus – also auf Mas ter- Niveau – erreicht werden. Dafür wurde bis lang der Grad „Dipl.-Ing.“ – eventuell mit dem Zusatz „TU“ oder „TH“ – verliehen. Das Bachelor - studium gab es früher an Universitäten nicht. Es kann auch nicht mit dem früheren Vordiplom verlie hen werden. Insofern ist es ganz neu. Verwischen durch den Bologna- Prozess die Profi le der beiden Hoch schu len (FH und Uni versität)? Vordergründig kann man das an neh men, da ja zukünftig bei de Hochschultypen formal glei che akademische Grade ver lei hen. Tat säch lich aber ist das wesentliche Un ter schei dungs merk mal das mehr auf die For schung ausgerichtete Profi l der Uni ver si tä ten und das stärker am Stand der Technik und deren An wen dung orientierte Pro fi l der Fach hoch schu len. Aus meiner Sicht bleibt also der wesentliche Unterschied, in wel chem Umfeld das Studium erfolgte, ob die Hoch schul leh rer innen und Hochschullehrer sich mit der Hälfte ihrer Dienstzeit der Lehre und mit der anderen Hälfte in einer Forschungseinrichtung bewegen oder ob sie den Großteil ihrer Dienstaufgaben in der Lehre erbringen. Aber ich gebe Ihnen Recht, der Gesetzgeber wollte nicht mehr, dass dieser Unterschied am akademischen Grad erkennbar ist. Hier muss also der Personaler in Zukunft genauer hinschauen, wenn er Ein stel lungs- Entscheidungen sachgerecht treffen will. Die TU 9 kritisieren den Bologna-Prozess. Woran machen Sie Ihre Kritik fest? Wir kritisieren nicht die Bologna Ziele. Wir wünschen uns nur, dass die Bologna-Er klä rung genau gelesen wird. Das zen tra le Bologna-Ziel ist sehr zu begrüßen: Stei ge rung der Mobilität durch eine bessere Ver gleich bar keit der Abschlüs se. Warum sollten wir etwas da ge gen haben? Das Problem ist, dass Bologna auch als Sparprogramm ge nutzt wurde. Die Umstel lung hat erhebliche Auf wen dungen verur sacht und die Betreuung der Studierenden ge rade in der Bache lor phase ist sehr auf wendig. So hat etwa die Zahl der Prüfun gen durch die geforderte Modu larisierung in vielen Fächern massiv zugenommen. Für alle diese Auf wen dun gen haben die Hoch schulen bis heute keine nennens werten zu sätz lichen Mit tel erhalten. Woran liegt es, dass gerade sich die deutschen Hoch schulen so schwer tun mit der Um setzung des Bo logna-Prozesses? In an de ren Län dern, zum Beispiel Ös ter reich, scheint es doch problemlos zu klappen. Sie haben vielleicht übersehen, dass es auch in Österreich Pro tes te der Studierenden ge ge ben hat? Für die deutschen Uni ver si täten beinhaltet der Bo log na-Prozess eine Um stel lung des Hoch schulsys tems von his to ri scher Di mension. Wir haben diesen Prozess stets als Chance be trach tet, im Rah men der Wei ter ent wick lung des eu ro pä ischen Hochschulraums die Qua lität ihrer Studienangebote zu ver bes sern. Zuge ge ben: Die Um stel lung auf das zwei stu fi ge Stu di en sys tem hat teilweise zu einer Ver schulung und Überfrachtung der Curricula so wie einer zu hohen Prüfungsdichte geführt; zu dieser Entwicklung beigetragen ha ben aber auch externe Vorgaben, insbesondere von den Akkreditierungsagenturen. Hier war eine Flexi bi li sierung der starren ex ter nen Vor ga ben not wendig, die uns jetzt er lau ben, im De tail nach zu bessern. Bei spiels wei se ist es nun möglich, zu Beginn des Stu di ums den Neu lin gen we ni ger Prüfungen ab zu for dern, um ihnen den Stu di en ein stieg zu er leich tern. Anfang Februar veröffentlichte das Fraunhofer-Institut für System und Innovationsforschung ge mein sam mit der Deutschen For schungsge mein schaft Ergebnisse eines Pro jek ts. Die For scher kamen zum Ergebnis, dass die staat-
2011-03-Schmiede-Journal
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