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2010-03-Schmiede-Journal

Fachbeiträge Schmiede-Journal März 2010 27 gangs. Da das System mit jeder Aufnahme auch die Referenz-Bild marken für das Koor di - natensystem erfasst, beeinflussen sowohl Ei - gen bewegungen der Presse als auch die in Schmiedebetrieben typischen Erschütterungen des Hallenbodens das Messergebnis nicht. Das Diagramm in Bild 1 zeigt für eine der Pro duktionspressen den aus MoveInspect- Mess werten berechneten Verlauf der Auf fe de - rung in Hubrichtung (Z) während der Umfor - mung im Vergleich zur parallel durchgeführten Referenzmessung mit Wegaufnehmern (Mess unsicherheit 0,012 mm bei einem Ver - trau ens niveau von 99,7 Prozent). Belastet wurde die Presse durch eine zylindrische Stauchprobe in der mittleren Prozessstufe, wobei der Um form weg 9,25 mm und die maximale Um form kraft 9500 kN betrug. Insgesamt konnte das MoveInspect-System die Verlagerungen an der Presse gut abbilden, allerdings war die Streubreite der Messwerte durch die gewählte messtechnische Erfassung des gesamten Pressenhubs (Messbereich ca. 2000 x 2000 mm) noch hoch. Die Ab wei - chungen der berechneten Auffederung und Kippungen betrugen z. T. deutlich über 0,1 mm bzw. 0,1 mm/m gegenüber der taktilen Messung. Bei einer zweiten untersuchten Presse mit geringerem Hub (kleinerer Mess be - reich) wurde eine höhere Abbildungs genau ig - keit erzielt. Da es sich bei der erreichbaren Messgenauigkeit des Systems um eine physikalische Grenze (Auflösung der Kameras) han delt, ist z. B. durch die Begrenzung des Messbereichs auf den eigentlichen Umform - prozess mit einer deutlichen Verbesserung zu rechnen. Für den Einsatz des MoveInspect- Systems im industriellen Umfeld sind somit weitere Untersuchungen und ggf. eine An pass - ung der Messstrategie notwendig. Gekoppelte Simulation mehrstufig belegter Umformprozesse Die gekoppelte Simulation von Umform ma - schine und -prozess erlaubt die Einbeziehung des nicht-linear-elastischen Maschinen ver hal - tens in den numerischen Lösungsprozess der Simulation mehrstufig belegter Umform pro - zesse. Als Eingangsgrößen werden die Mo - delle der konventionellen FE-Simulation des Umformprozesses verwendet. Zudem sind für das analytische Modell der Presse Kennwerte in Form von Federzahlen und Kippfederzahlen sowie zugehörige Anfangsverlagerungen notwendig, welche messtechnisch, z. B. mit Hilfe taktiler Sensorik, ermittelt werden können oder in Maschinendatenblättern verfügbar sind. Die Berechnung der Interaktionen zwischen den einzelnen Prozessstufen und der Presse findet im Schnittstellenmodul der neu entwickelten Software zur gekoppelten Simu la - tion statt. Bild 2 verdeutlicht den notwendigen Datenfluss am Beispiel eines dreistufigen Pro - zesses. Grundlage für die Berechnung des Maschi - nen verhaltens sind die auf die Presse wirkenden Kräfte und Momente, bereitgestellt aus den FE-Prozesssimulationen der einzelnen Werkzeugstufen. Die Maschinensimulation berechnet daraus die Relativverlagerungen zwischen Stößel und Pressentisch. Eine Rück - wirkung auf die Umformsimulationen erfolgt anschließend durch Übergabe der resultierenden Verlagerungen zwischen Ober- und Un ter - werkzeug an die Prozesssimulation jeder einzelnen Werkzeugstufe, wo eine entsprechende Positionsanpassung des FE-Netzes der Werk - zeuge stattfindet. Die Kopplung wird dabei jeweils zwischen zwei Simulations zeit schrit - ten der Umformsimulation realisiert. Die softwaretechnische Umsetzung der Methodik erfolgte unter der Maßgabe einer einfachen und kostengünstigen industriellen Anwendbarkeit. So unterscheidet sich die Mo - dellerstellung des Umformprozesses nicht von der einer reinen Umformsimulation. An Stelle des Simulationsstarts wird jedoch zunächst die grafische Benutzeroberfläche der gekoppelten Simulation aufgerufen. Der Bediener kann hier intuitiv alle notwendigen Schritte für die gekoppelte Simulation ausführen: die Eingabe von Pressenkennzahlen für das nicht-linearelastische analytische Pressenmodell, die Aus - wahl der Prozessdateien, den Start der gekoppelten Simulation und die Analyse des Ma - schinenverhaltens. Es wird somit eine äußerst komfortable Lösung bereitgestellt. Die Ana ly - se der Simulationsergebnisse für Werkstück und Werkzeug erfolgt – wie bei der konventionellen Umformsimulation – im Post-Pro - zessor des Umformsimulationssystems. Die gewählte Methodik gewährleistet eine vollständige Berücksichtigung des Ma schi - nenverhaltens in der Umformsimulation, wie das Beispiel eines dreistufigen Ring stauch pro - zesses in Bild 3 zeigt. Im Diagramm der Pres - senauffederung im Bild 3 oben rechts ist deutlich der verspätete Prozessbeginn der höheren Stufen 2 und 3 zu erkennen, welcher durch die zu den entsprechenden Zeitpunkten bereits vorhandene Pressenauffederung hervorgerufen wird. Im Diagramm der Stößelkippung wird das Durch laufen des gesamten Kippspiels der Maschine deutlich, welches aus einem Vorzei chen wech sel des am Stößel angreifenden Gesamt mo mentes resultiert. Der Mehrwert gegenüber der konventionellen Umformsimulation liegt in realitätsnäheren Simulationsergebnissen durch die Abbil - dung der Prozess-Maschine-Interaktionen. Dies ermöglicht eine Entstehungsanalyse ma - schinenbedingter Geometrie- und Formfehler der Werkstücke oder eine Werkzeugspan - nungs analyse (basierend auf maschinenbedingten Einflüssen) in der Umformsimulation und folglich eine simulationsgestützte Opti - mierung von Mehrstufenwerkzeugen. Optimierung von Mehrstufenwerkzeugen Die Werkzeugoptimierung beginnt mit der Durchführung einer gekoppelten Simulation. Durch Analyse der Berechnungsergebnisse im Post-Prozessor der Umformsimulation, (Werk stückgeometrie oder Werkzeugspan - nungen) sowie im Post-Prozessor der gekoppelten Simulation (Maschinenbelastung, Ver - lagerungen und Kippungen) stehen alle notwendigen Informationen zur Verfügung. Op ti - mierungskriterium kann sowohl die Werk - stückgeometrie am Ende des Umform pro - zesses als auch die Spannungsverteilung im Werkzeug sein. Bild 4 zeigt ein Beispiel, bei dem aufgrund zu dicker Werkstücke in allen Prozessstufen eine Zustellung der drei oberen Werkzeuge notwendig wird. Dies wird durch Erhöhen des Prozesshubs in den Einzelstufen erreicht. Die Bild 1: Dynamische Pressenvermessung an einer 20000 kN Exzenterpresse. Bild 2: Datenfluss in der gekoppelten Simulation mehrstufig belegter Umformprozesse.


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