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2009-09-Schmiede-Journal

Fachbeiträge Bild 2: Auswertung von Rohdaten einer Sequenz von Thermografieaufnahmen (links) und Darstellung der ausgewerteten Bereiche (rechts). Stand der Technik Die Temperaturmessung – Thermometrie – lässt sich in berührungsbehaftete (taktil) und berührungsfreie Methoden unterteilen; taktile Messungen (z. B. Fieberthermometer) sind in Bezug auf die Absoluttemperatur genauer als berührungsfreie, die dazu genutzten Geräte in aller Regel preiswerter und einfacher zu handhaben VDI06. Bei der berührungsfreien Thermometrie (Strahlungsthermometrie) findet keine Be ein - flussung des Messobjekts statt, eine Ver fäl - schung des Ergebnisses durch die Messung selbst ist damit ausgeschlossen. Die Tem pe ra - turmessung an einem einzigen Ort ist mit sog. Strahlungspyrometern möglich. Mit „Ther mo - graphie“ wird der Messvorgang bezeichnet, bei dem mit Infrarot-Kameras die Tempe ra tur - verteilung flächenhaft bestimmt wird VDI06. Ein weiterer Vorteil der berührungsfreien Thermometrie ist ferner die hohe zeitliche Auflösung von Temperaturänderungen. Dies umfasst die schnelle Messwertaufnahme (üblicherweise im Millisekundenbereich), die sofortige Anzeige im Temperaturbild und die Speicherung als „Temperaturvideo“ mit Bild - frequenzen bis mehreren 100 Hz VDI06. Die berührungsfreie Temperaturmessung nutzt die Infrarot- oder Wärmestrahlung. Wär - mestrahlung wird in Form von Photonen von 34 Schmiede-Journal September 2009 jedem Objekt ausgesendet, das eine vom Ab - soluten Nullpunkt (0K, bzw. -273,15 °C) verschiedene Tem pe ra tur aufweist. Zur flächenhaften De tek tion der IR-Strahlung werden IRKameras auf Ba sis von Wider stands bolo me - tern (sog. „un gekühlte“ IR-Ka meras) oder auf Basis von Quan tendetek to ren (sog. „gekühlte“ IR-Ka me ras) eingesetzt. Mit den „ge kühl ten“ IR-Kameras sind sehr hohe Mess ge nau - igkeiten (relative Messgenauigkeiten bis 0,01 K; absolute Genauigkeiten typisch +/- 1 K bis 100 °C, +/- 1% ab 100 °C) und die Analyse schneller Prozesse möglich VDI06. Breite Einsatzgebiete der berührungslosen Temperaturmessung sind das Aufspüren von überhitzten Bauteilen in der Instandhaltung oder von Schwachstellen der Isolierung an Ge - bäuden. Mit Hochleistungs-Ther mo grafie ka - me ras, wie sie beispielsweise von Thermo sen - sorik GmbH, Erlangen, hergestellt werden, lassen sich defekte Bauteile in der Mikro elek - tronik oder Solarmodulfertigung im Mikro - watt- und Mikrometermaßstab detektieren. Damit wurden auch Anlagen zur 100 %-Prü - fung in der industriellen Produktion realisiert, bis hin zur automatischen Gut-Schlecht-Er - kennung an Laser schweißnähten im Auto mo - bilbereich oder an Turbinenschaufeln für Gasturbinen VDI06. Motivation und Inhalt der Studie Die genannten Vorteile der berührungslosen Thermometrie legen deren Einsatz für die Überwachung von Schmiedegesenken nahe (Bild 1), weil eine direkte Zugäng lichkeit im stationären Prozess zustand – ohne Pro zess un - terbrechung – nicht gegeben ist. Trotzdem ist gerade zu diesem Zeitpunkt die Überwachung interessant, weil angenommen wird, dass die Tem pe ra tur be las tung der Gesenke durch das erwärmte Werk stück einen großen Einfluss auf Werk zeug ver schleiß und -schädigungen besitzt ALA08. Weiterhin bietet die IR-Thermografie auch für das Auf finden lokaler Tem pe ra tur spitzen auf den Werk zeugen, also von thermisch hoch belasteten Bereichen, Vorteile, weil eine Aus - wertung der gesamten Ober fläche mit Hilfe der taktilen Messung nur mit erheblichem Auf wand zu bewerkstelligen ist. Die Prozesskette zur Fertigung von Schmie - debauteilen kann bis zum eigentlichen Um - formvorgang online überwacht werden. Vor dem Schmiede prozess können abgescherte Rohteile gewogen und die erwärmten Ab - schnitte nach der Erwärmungseinheit auf korrekte Temperatur untersucht werden. Der Um - formvorgang selbst kann durch Auswertung von Maschinen kennwerten (Kraft/Weg/Ener - gie-Zeit-Verlauf, Ausbringungsmenge an Kühlschmiermittel u. Ä.) bewertet werden. Ob wohl die Temperatur von integraler Be deu - tung für den Gesamt prozess ist, wurde aufgrund des Aufwands und der Schwierigkeiten bisher auf eine vollständige thermische Aus - wertung der Gesenkoberfläche verzichtet DOE07. Mit der vorliegenden Studie ist die Möglichkeit untersucht worden, diesen Sach - ver halt zu ändern. Innerhalb der Machbarkeitsstudie sollte ge - prüft werden, in wieweit sich die passive (keine externe Anregung des Messobjekts) und be rüh rungsfreie Temperaturmessung für die Überwachung der Gesenktemperatur und damit auch für die Überwachung der Sprüh - kühlschmierung eignet. Dies stellt eine besondere Heraus for de rung dar, weil der durch die 6000 5500 5000 4500 4000 3500 3000 2500 2000 260 280 300 320 340 360 Bereich 504 – 302 Bereich 553 – 312 Bereich 457 – 314 Bild - Photonen - Bild 3: Darstellung einer Auswertung der Aufnahme von einer ebenen Stauchbahn.


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