Page 24

2009-09-Schmiede-Journal

Report die Sicher heit der Fahr zeuge. Heutige Sys - teminte gratoren (Bosch, Conti nen tal, Denso etc.) engagieren sich daher in diesem Markt und ge hen ihrerseits – eben so wie die Her - steller – Koope ra tio nen mit Batterie- und Elek tromotor en her stel lern ein. So hält Con ti nental ei nen Anteil von 16 Pro zent an Enax, und Bosch hat eine Ko operation mit Sam sung aufgebaut. Welche Kompo nenten künftig in Deutsch - land und wel che im Ausland produziert werden, hängt einerseits von möglichen Wett be - werbs vor tei len am Stan dort und andererseits von den je wei ligen Rahmen be dingun gen ab. Da zu ge hö ren auch verschiedene derzeit zu beobachtende staatliche Anreiz- und För der - programme, beispielsweise Un ter stüt z ungs - pro gram me für Bat terie her steller in den USA. Für Deutsch land und die deutschen OEMs mit ihren Zulieferern wird es darauf an kom men, das vorhandene Know-how mög lichst wirksam und effizient einzusetzen – und sich als füh render, innovativer Stand - ort rund um das Thema Elektromobilität zu positionieren. Ein Erfolgsrezept, das schon in der Ver - gan gen heit bei der Erschließung komplexer und kostenintensiver neuer Technologien und Märk te seine Wirkung bewiesen hat, kann auch beim Thema Elektromobilität, speziell bei Bat te rien und Elek tromotoren als Schlüs sel kom po nenten, genutzt werden: Die Bil dung von Bran chen clus tern, gekoppelt mit einem in tensiven Wissens aufbau. Der - zeit kommen die meisten Ent wick lungen im Batterie- und Elektro mo to ren bereich aus China, Japan oder den USA. Die deutsche Au to mo bilindustrie beginnt Nischen zu besetzen (z. B. Steue rungen zur System in te - gra tion, Elektro mo toren mit erweiterter Funk tio n alität); bislang mangelt es aber an einer Ge samt stra tegie oder einem allgemeinen Vor ge hens plan. Insbe son dere die Be - reiche Forschung und Entwicklung sollten wegen ihrer großen Be deu tung gefördert werden, denn sie versprechen nachhaltigere wirtschaftliche Erfolge und eine höhere und differenziertere Wertschöpfung. Business Case für Elektrofahrzeuge nur durch kollektives Handeln profitabel Die zuvor gemachten Ausführungen zeigen: Elektroautos haben das Potenzial, einen Mas senmarkt zu erschließen und damit einen Um strukturierung der Wertschöpfungskette aus zu lösen – wenn sich regulatorische Rah - men be din gun gen, Ölpreis und Batterie kos - ten so entwickeln, dass sie die Elektro mo - bilität begünstigen. Dieses Potenzial wird für deutsche Unter neh men allerdings ungenutzt bleiben, falls es nicht gelingt, die folgenden drei Einstiegshürden zu überwinden. Skaleneffekte: Ein volumenmarktfähiges Elek trofahrzeug zu entwickeln, erfordert hohe Forschungs- und Entwick lungs auf wen - dungen. Bestehende Fahrzeug platt for men und -baukästen sind nicht auf elektrische 24 Schmiede-Journal September 2009 Antriebe ausgelegt; davon abgeleitete Fahr - zeugkonzepte wären somit grund sätz lich kompromissbehaftet. An de rer seits fehlen an - fäng lich hinreichende Stück zahlen, um eine Platt form speziell auf die An for derungen von Elek tro fahrzeu gen aus zulegen. Zu gleich steigt die Un ge wiss heit, ob sich die In ves ti - tion auszahlt. For schung und Ent wick lung an konkurrierenden Tech no logien, von denen sich letztlich nur eine durchsetzen wird, kann das einzelne Un ter neh men teuer zu stehen kommen. Wenn jedoch mehrere Un ter - neh men fokussiert bei Forschung und Ent - wicklung ko ope rieren, lassen sich Kosten und Risiken auf mehrere Schultern verteilen. Zahlungsbereitschaft: Die Herstellkosten von Elek tro fahrzeugen werden auch bei einer schnellen Weiter ent wick lung der Bat te rie und einsetzenden Skaleneffekten noch lange über denen von Fahrzeugen mit Ver bren nun - gs mo to ren liegen. Gleich zeitig müssen die Kunden zu nächst einige funktionelle Ein - schränk ungen von Elek tro fahrzeugen in Kauf nehmen, die im We sent lichen aus der be - schränk ten Leis tungs dichte und dem Raum - be darf der Bat terien resultieren: limitierte Reichweite, Kom forteinbußen bei Hei zung und Klima anlage sowie Verlust von La de - kapazitäten. Ande rer seits bieten elektrische Antriebs stränge klare, für den Kunden wahrnehm bare Vor teile: ho hes Drehmoment bei nied riger Dreh zahl, kräftige Beschleu ni gung, ge ringer Ge räusch pegel, lokale Ab gas freiheit und weitere Chancen zur Ver bes se rung der Fahr eigen schaf ten. Für die Her steller kommt es darauf an, bei den Kunden die Bereitschaft zu er zeugen, ein Preis premium für diese Vorteile zu zahlen, das über den TCO-Vorteil hinausgeht. Ziel muss es – wie be schrieben – sein, das elektrische Fahren in der Kun den - wahrnehmung als sauber, mo dern und höherwertig zu verankern. Lade-Infrastruktur: Wenn die Automobil - hersteller darauf warten, dass die In fra struk - tur zum Aufladen der Elektrofahr zeuge im öffentlichen Raum aufgebaut wird, und die In fra struk turanbieter wiederum die Serien - pro duk tion von Elektro autos als Voraus - setzung für Infrastruk turin vestitionen ansehen, werden die Anbieter sich gegenseitig blo ckieren. Im schlimmsten Fall würden dann andere regionale Märk te die Vor reiter - rolle übernehmen – und die deutsche In dus - trie würde den Markt eintritt um mehrere Jahre verpassen. Diese Hürden lassen den Business Case eines Elek tro - fahr zeug-Projekts aus der Sicht eines einzelnen Herstellers zunächst als wenig attraktiv erscheinen. Die hohen Ent wick - lungs auf wen dun gen stehen – bedingt durch die anfänglich ge - ringen Stück zah len – in einem un güns tigen Ver hältnis zum erzielbaren Preis. Dennoch könnte sich ein Her steller ganz be wusst dazu entschließen, diese „Dursts trecke“ zu be - schreiten, d. h. ein Fahr zeug projekt trotz ne - ga tiven Ergebnis bei trags zu verfolgen, um sich langfristig einen Vor sprung und damit einen Wett be werbs vorteil zu erarbeiten. Al - ler dings mangelt es im mer stärker an den entsprechenden fi nan ziellen Mitteln: Die Fi - nanz krise so wie Überkapazitäten in der gesamten In dus trie haben die Mar gen bereits deutlich sinken lassen und die Entwicklung der nächsten Jahre ist zunehmend schwie - riger zu prognostizieren. Ent spre chend vorsichtig sollten die Her steller agieren und nach ge meinsamen We gen suchen, um Risiken und Kosten durch unkonventionelle Ansätze zu senken. Soll Elektromobilität bereits in den nächsten Jahren in Deutschland für Kunden, Her - steller, Zu lie fe rer und andere Ak teure in der Wert schöp fungskette gleich ermaßen attraktiv sein und zu gleich zur langfristigen Si - cherung von Standort und Be schäf tigung beitragen, so erfordert dies ein profitables, in tegriertes Ge schäfts mo dell für Elektro - autos. Indus trie über greifend soll te ein „Mas - ter plan Elektro mo bi lität“ erarbeitet werden, der die notwendigen Schritte und Rah men be - dingun gen den jeweils Ver ant wort lichen klar zu ord net und für Ver bin d lich keit sorgt. Dies erfordert herstellerübergreifende Per spek ti - ven und ge schlossenes Auf tre ten gegen über der Po litik zur Ge stal tung der Rah men be din - gun gen, eine starke Zuliefer er struktur am Stand ort Deutsch land und die Stand ar di sie - rung von kritischen Schnitt s tellen kom po - nenten. Der Mas ter plan muss an ak tuelle Projekte zur Mach barkeit des Elektro fahr - zeugs an knüpfen und die notwendigen Schritte aufzeigen, die zu einem massenmarktfähigen Produkt führen. Zudem sollten darin radikale An sätze adressiert werden – etwa die Ein nah me der Füh rungs position bei der Set zung weltweiter E-Standards, die Grün dung einer deutschen E-Au to union zur Überwindung des Ge fan genen-Dilemmas und den Ausbau der Batterien-Forschung und Pro duk tion durch Bildung regionaler Elektro mobi li täts cluster in Deutsch land, um dem zu erwartenden starken Wett bewerb aus Asien entgegentreten zu können. Dr. Christian Malorny Dr. Nicolai Müller Dr. Jan Wüllenweber


2009-09-Schmiede-Journal
To see the actual publication please follow the link above