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2013-09-Schmiede-Journal

Fachbeiträge Die weiteren Parameter Gleitweg (60 mm) und Kontaktnormalspannung (max. 1.970 N/mm²) blieben konstant. Jeder Versuch wurde fünfmal wiederholt, dabei fand eine Reinigung der Gleitplatten zwischen jeder Reihe statt. Geschwindigkeitseinfluss In Bild 1 ist ein charakteristischer Verlauf des Reibwerts über die Relativgeschwindigkeit dargestellt. Man erkennt deutlich, dass mit zunehmender Relativgeschwindigkeit der Reibwert sinkt. Dies trifft auf alle betrachteten Schmierstoffsysteme zu. Der größte Einfluss ist bei Zinkphosphat + Öl erkennbar. Hier kann durch eine Zunahme der Geschwindigkeit von 1 mm/s auf 450 mm/s ein Abfall des Reibwerts von zirka 67 Prozent erreicht werden. Weiterhin tritt, wie in Bild 2 bei 20 °C dargestellt, ein Anstieg der Reibwerte über den Gleitweg auf. Müller hat gezeigt, dass dieser auf das Ausdünnen des Schmierstoffs infolge der Relativbewegung zwischen Werkzeug und Werkstück zurückzuführen ist Mue13. Mit zunehmender Relativgeschwindigkeit ist zu beobachten, dass der Reibwertanstieg über dem Gleitweg geringer wird. Der entscheidende Einflussfaktor ist die Temperatur in der Trennfuge zwischen Probe und Gleitplatte. Mit zunehmender Relativgeschwindigkeit steigt diese an und resultiert in einem geringer werdenden Anstieg des Reibwerts über dem Gleitweg. Hierfür wurden mit Hilfe des Simulationsprogramms Simufact.FormingGP 11.0 die auftretenden Temperaturen in der Trennfuge simuliert. Auf Basis der im Versuch ermittelten geschwindigkeitsabhängigen Reibwerte sowie der Weg/Zeit-Verläufe des Pressentischs konnten für Gleitgeschwindigkeiten von 200 mm/s Temperaturen bis zu Tmax = 170 °C und für 450 mm/s sogar Temperaturen bis zu Tmax = 300 °C erreicht werden. Auf Basis dieser Erkenntnisse wurde ein temperierter Gleitstauchversuch durchgeführt. Verwendet wurde das Material C15 (1.0401) zusammen mit Polymer (2,5 g/m²) als Schmierstoff. In Bild 2 sind die Ergebnisse dargestellt: Es tritt ein deutliches Abfallen des Reibwerts von μ* = 0,058 auf μ* = 0,041 bei 1 mm/s Relativgeschwindigkeit und einer Erhöhung der Gleitplattentemperatur von 20 °C auf 100 °C auf. Gleichermaßen verhält sich der Reibwert bei 5 mm/s Gleitgeschwindigkeit. Der Anstieg des Reibwertes über den Weg bei T = 20 °C und 1 mm/s entfällt bei T = 100 °C. Damit zeigt sich, dass die Temperatur einen entscheidenden Einfluss auf das Schmierverhalten hat, die sowohl in einem Absinken der Reibwerte als auch in einer geringeren Abweichung des Reibwerts über dem Gleitweg resultiert. Verifikation im Realversuch Zur Verifikation der im Gleitstauchversuch ermittelten Ergebnisse wurde ein Voll- 30 SchmiedeJOURNAL September 2013 Bild 3: Voll-Vorwärts-Fließpressprozess bei unterschiedlichen Hubzahlen. Bilder: Autoren Vorwärts-Fließpress-Prozess auf einer Servomotorpresse am PtU durchgeführt. Dieser diente bereits im Vorfeld der Laboruntersuchungen als Vorlage für die numerische Bestimmung der tribologischen Lasten. Als Schmierstoff fand Polymer auf Basis einer Zinkphosphat-Schicht Einsatz. In Bild 3 ist ebenso wie bei den Gleitstauchversuchen zu beobachten, dass die Umformkraft mit einer Zunahme der Relativgeschwindigkeit, beziehungsweise Hubzahl, absinkt. Insbesondere bei 1 Hub/min steigt die Kraft stark an. Dies ist damit zu begründen, dass mit einer geringeren Umformgeschwindigkeit die höheren Reibwerte in einem Ausbauchen der Probe resultieren. Durch die vergrößerte Kontaktfläche zwischen Werkzeug und Werkstück steigt die Umformkraft stark an. Insgesamt ist eine Kraftersparnis von 25 Prozent zwischen 1 Hub/min und 31 Hub/min erreichbar. Zusammenfassung und Fazit Die Untersuchungen zeigen, dass im betrachteten Bereich von 1 mm/s bis 450 mm/s eine Zunahme der Relativgeschwindigkeit in einem Absinken des Reibwerts resultiert. Je nach Schmierstoffsystem konnte der Reibwert um mehr als 60 Prozent verringert werden. Das System Zinkphosphat + Molybdändisulfid zeigt die geringste Abhängigkeit von der Relativgeschwindigkeit, jedoch ist auch hier noch ein Absinken des Reibwerts um 22 Prozent zu beobachten. Bei keinem der Versuche ist Verschleiß an den Gleitplatten aufgetreten. Für das Absinken des Reibwerts ist maßgeblich die Temperatur verantwortlich. Bedingt durch die hohen Relativgeschwindigkeiten steigt auch die Temperatur in der Trennfuge an und resultiert so in einem Absinken des Reibwerts. Darüber hinaus verringert sich durch die erhöhte Temperatur der Anstieg des Reibwerts über dem Gleitweg. Die ermittelten Ergebnisse aus den Gleitstauchversuchen konnten auf die Ergebnisse aus dem Realversuch auf der Servomotorpresse übertragen werden. n Danksagung Das IGF-Vorhaben 16497 N der Forschungsvereinigung Forschungsgesellschaft Stahlverformung e. V. wurde über die AiF im Rahmen des Programms zur Förderung der industriellen Gemeinschaftsforschung (IGF) Dipl.-Ing. Sebastian Zang Prof. Dr.-Ing. Dipl.-Wirtsch.-Ing. Peter Groche vom Bundesministerium für Wirtschaft und Technologie aufgrund eines Beschlusses des Deutschen Bundestags gefördert. Die Langfassung des Abschlussberichts kann bei der FSV, Goldene Pforte  1, 58093 Hagen, angefordert werden.


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