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2013-03-Schmiede-Journal

Spektrum Bild 4: Verbundschmiedeprozess (oben) und Fügezonen in Abhängigkeit zur Verbundart (unten). Bilder: Autoren Unter identischen Versuchsbedingungen wird der Stahlmantel bei einer Kombination mit einem Aluminiumkern aus AW5754 deutlich stärker erwärmt, als bei einer Kombination mit AW5083. Da in beiden Fällen dieselbe Energie induziert wird, verhält sich der Verlauf der Aluminiumtemperatur gegensätzlich. Die legierungsspezifischen Eigenschaften, wie zum Beispiel die Wärmeleitfähigkeit (Bild  2, rechts), beeinflussen direkt den induktiven Erwärmungsprozess. Dies verdeutlicht, dass für jede Materialkombination ein eigenes Erwärmungsprofil aufgenommen werden muss. Beim umformtechnischen Fügen von Werkstoffen mit stark unterschiedlichen Wärmeausdehnungskoeffizienten (zum Beispiel Stahl: αSt = 11,8·10-6 1/K; Aluminium: αAl = 23,1·10- 6 1/K) muss die Bildung von Luftspalten aufgrund von unterschiedlichen Schrumpfungen der Einzelwerkstoffe vermieden werden. Mittels der gezielten inhomogenen Erwärmung ist es möglich, die Wärmeausdehnungen der Einzelwerkstoffe auszugleichen. Dabei muss berücksichtigt werden, dass sich bereits die einzelnen Legierungen eines Werkstoffs stark in ihren Wärmeausdehnungskoeffizienten unterscheiden können (Bild  2, rechts). Die gezielte Beeinflussung der Wärmeausdehnungen bietet die Möglichkeit, neben formschlüssigen Verbindungen auch zusätzlich einen Kraftschluss innerhalb des hybriden Bauteils zu erzeugen. Hierfür wurde am IFUM, auf Basis der durchgeführten Grundlagenuntersuchungen, ein Prozessmodell für die Erwärmung entwickelt (Bild 3). Auf den hier dargestellten Verläufen sind die Wärmeausdehnungen der beiden Werkstoffe rechnerisch gleich groß. Aufgrund der unterschiedlichen Wärmeausdehnungskoeffizienten besteht ebenfalls ein zu berücksichtigender 62 SchmiedeJOURNAL März 2013 Einfluss der Legierungszusammensetzung. Bei einer Stahltemperatur von 850  °C (gestrichelter Verlauf) darf beispielsweise die Temperatur des Aluminiumkerns aus AW5754 nicht höher als 460  °C und die des Aluminiumkerns aus AW5083 nicht höher als 450  °C sein. Ist die Aluminiumtemperatur größer, zieht sich das Aluminium bei der Abkühlung stärker zusammen als der Stahl und es entsteht ein Luftspalt. Liegt die Temperatur des Aluminiumkerns unter der genannten Grenztemperatur, ist die Wärmeausdehnung des Stahls größer als die des Aluminiums und eine kraftschlüssige Verbindung durch Aufschrumpfen wird erzeugt. Charakterisierung der Verbundqualität geschmiedeter Stahl-Aluminium-Bauteile Die globale Qualität hybrider Bauteile wird maßgeblich durch die Verbund- und damit durch die lokale Fügezonenqualität beeinflusst. Je nach Einstellung des Temperaturgradienten innerhalb des hybriden Rohteils kann der Aluminiumkern im Randbereich durch den Kontakt mit dem Stahlmantel während des Umformprozesses lokal aufschmelzen. Hierdurch können sich die beiden Werkstoffe stoffschlüssig durch die Bildung intermetallischer Phasen miteinander verbinden. In Bild 4 sind der Verbundschmiedeprozess sowie die Fügezonen bei unterschiedlichen Temperaturgradienten dargestellt. In axialer Richtung entsteht aufgrund der gemeinsamen Umformung beider Werkstoffe eine formschlüssige Verbindung im Bauteil (Bild  4, oben). Durch die unterschiedlichen Wärmeausdehnungen bei homogener Temperaturverteilung hat sich ein Luftspalt zwischen beiden Materialien gebildet (Bild  4  a). Die Einstellung eines Temperaturgradienten im oberen Halbwarmbereich bewirkt einen Ausgleich der Wärmeausdehnungen (Bild  3) und die beiden Werkstoffe bilden eine homogene Verbundzone aus (Bild 4 b). Neben dem Formschluss liegt hier demnach ebenfalls eine kraftschlüssige Verbindung vor. In Bild 4 c) erfolgte die Umformung im Warmbereich beider Werkstoffe. Auch hier liegen Form- und Kraftschluss vor. Zudem ist zu erkennen, dass sich ein Stoffschluss in Form einer intermetallischen Phase gebildet hat, die sich farblich von den Grundwerkstoffen unterscheidet. Die Ermittlung der Einflüsse von Legierungselementen auf die Bildung intermetallischer Phasen ist Gegenstand aktueller Untersuchungen am IFUM. Zusammenfassung und Ausblick Das Verbundschmieden ermöglicht es, anforderungsoptimierte Bauteile mit lokal angepassten Eigenschaften, die zusätzlich den Anforderungen des strukturellen Leichtbaus entsprechen, herzustellen. Die Herausforderungen beim Verbundschmieden von Stahl-Aluminium- Bauteilen ergeben sich aus den unterschiedlichen werkstoffspezifischen Eigenschaften der Monowerkstoffe. Insbesondere die notwendige inhomogene Erwärmung und die Verbundqualität sind als besondere Herausforderungen für das Verbundschmieden zu nennen. Die am IFUM durchgeführten Grundlagenuntersuchungen belegen die generelle Durchführbarkeit der Herstellung von Hybridbauteilen im Schmiedeprozess. Es ist möglich, in Abhängigkeit zum Temperaturgradienten im hybriden Rohteil gezielt form-, kraft- und stoffschlüssige Verbunde einzustellen. In zukünftigen Untersuchungen werden zur erweiterten Charakterisierung der


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