Modelle auf physikalischer Basis. Hiermit können auch Festigkeiten und Fließkurven in Abhängigkeit von der Temperatur sowie Phasenumwandlungen, zum Beispiel Zeit- Temperatur-Umwandlungsschaubilder (ZTU) und für Stahl auch Zeit-Temperatur- Austenitisierungs- Schaubilder (ZTA) ermittelt werden. „Mit dieser Kombination aus anwendungsfreundlicher Berechnung von Werkstoffeigenschaften und den direkten Datenexporten an die gängigen FEM-Werkzeuge der Umformtechnik, zum Beispiel Forge, Deform und simufact, ist JMatPro mittlerweile ein de-facto- Standard geworden“, erläutert Dr. Uwe Diekmann, Geschäftsführer der Metatech GmbH in Kamen als exklusiver Vertriebs- und Implementierungspartner für das System in Deutschland, Österreich und der Schweiz. Anspruchsvolle Anwender in den Forschungs- und Entwicklungsabteilungen verifizieren ihre errechneten Daten mit eigenen oder externen Messungen. Dies zeigt eine beispielhafte Darstellung der Deutsche Edelstahlwerke GmbH in Witten (Bild 1 und 2). Das Unternehmen ist ein Spezialist für die Herstellung von Edelstählen mit ganz spezifischen, genau definierten Eigenschaften. So kommt zum Beispiel die Gruppe der hochbelastbaren Vergütungsstähle, mikrolegierten AFP-Stähle oder Einsatzstähle unter den Markennamen „Firmodur“, „Microdur“ und „Carbodur“ in der Schmiedeindustrie zum Einsatz. Der Schlüssel hierfür liegt im Einsatz moderner und verketteter Simulationsmethoden. So werden in dem Unternehmen mit dem Werkzeug JMatPro die Werkstoffmodelle für Erstarrungs-, Umform- und Wärmebehandlungssimulation erstellt. 14 SchmiedeJOURNAL März 2013 Doege Normen und Standards haben üblicherweise zulässige Schwankungsbreiten. Mithilfe ihrer umfangreichen Simulationsmöglichkeiten kann die Deutsche Edelstahlwerke GmbH den für die jeweilige Anwendung optimalen Werkstoff innerhalb dieser Normspannen bereitstellen. Darüber hinaus können – wenn der Kunde es wünscht – auch weiter verbesserte Speziallösungen jenseits der Standards geschaffen werden. Das System liefert hierzu einerseits wichtige, teilweise sonst nicht messbare Eingangsdaten für die FEM-basierten Umformsimulationen und andererseits spezielle Werkstoffeigenschaften, wie beispielsweise die Wärmeleitfähigkeit. Auch für die Auslegung von unternehmensinternen Prozessen liefern die Werkstoffdaten aus dem Rechner die benötigten Eingangsgrößen. So wird für die Optimierungen der Schmiedeprozesse das System FORGE eingesetzt, welches eine direkte Schnittstelle zu JMatPro besitzt. Konsistente thermophysikalische Eigenschaften in Abhängigkeit der zulässigen Schwankungsbreite der Analysen erlauben dadurch die Festlegung wesentlicher Prozessparameter. „Dies zeigt, dass Werkstofflösungen nur in der Kenntnis der gesamten Prozesskette vom Stahlwerk über die Warmumformung bis zur Wärmebehandlung optimiert werden können“, bringt es Dr. Uwe Diekmann auf den Punkt: „Durch diese Simulationen sinkt der Aufwand für die experimentelle Ermittlung von Daten. Die erhöhte Effizienz und Entwicklungsgeschwindigkeit kommen somit dem Endkunden zugute.“ Diese Vorteile nutzen aber auch kleinere Unternehmen für Sonderanfragen und Standardprodukte, wie etwa die Friedrich Lohmann GmbH in Doege Doege Witten. Das schon 1790 gegründete Familienunternehmen produziert heute mit seinen zirka 330 Mitarbeitern an zwei Wittener Standorten Spezial- und Edelstähle. Dazu werden mit der Software schon in der Planungsphase die Möglichkeiten und Grenzen der eigenen Fertigungsprozesse bestimmt und gemeinsam mit dem Kunden spezielle Werkstoffe entwickelt. Dr. Gisbert Winning leitet bei der Friedrich Lohmann GmbH die Qualitätssicherung und berichtet aus langjähriger Erfahrung im Umgang mit der Simulationssoftware. Herr Dr. Winning, viele Kunden der Firma Lohmann sind mittelständische Unternehmen und meist hochspezialisierte Nischenanbieter. Erfordert das nicht auch für die Massivumformung ein hohes Maß an Flexibilität? Dr. Gisbert Winning: Dazu sind erst einmal spezielle Materialinformationen notwendig. So sind von den etwa 250 der von uns aktuell produzierten Stahlqualitäten etwa 20 Prozent als nicht genormte Werkstoffe anzusehen. Diese bieten zwar für den Kunden einen innovativen Wettbewerbsvorteil, jedoch fehlen hier häufig die Werkstoffdaten. Und die benötigen wir, um zum Beispiel Phasenumwandlungen abschätzen oder Werkstoffempfehlungen weitergeben zu können. Dr. Uwe Diekmann: Nicht nur Unternehmen aus der Schmiedebranche stehen hier häufig vor einem Datenproblem. Natürlich Dialog Berechnungswerte W/(mK) 45 40 35 30 25 20 15 15 20 25 30 35 40 45 Messwerte W/(mK) Formadur 2312 Thermodur 2344 Formadur 2709 Thermodur 2714 Acidur 4545 260 240 220 200 180 160 140 120 100 80 60 40 20 0 0,0 0,1 0,2 0,3 0,4 0,5 0,6 0,7 0,8 0,9 1,0 800.0 (C) 1000.0 (C) 1200.0 (C) Dehnung (MPa) Spannung Dehnungsgeschwindigkeit: 1.0 Bild 1: Übereinstimmung der mit JMatPro berechneten Wärmeleitfähigkeit unterschiedlicher Werkzeugstähle mit gemessenen Werten. Bild 2: Vergleich von berechneten Werten der Fließspannung eines Wälzlagerstahls mit Literaturwerten aus: Fließkurvenatlas metallischer Werkstoffe; Doege, E.; Meyer- Nolkemper, H.; Saeed; 1986. Bilder: Deutsche Edelstahlwerke GmbH
2013-03-Schmiede-Journal
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