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massivUMFORMUNG September 2016 01

UND WISSENSCHAFT Bild 2: CAD-Modell und makrogeometrische Merkmale des Tellerrads die Qualität präzisionsgeschmiedeter Laufverzahnungen in Großserie standmengenbedingt auf bestenfalls Qualität 8 bis 9 begrenzt ist. Zur Herstellung von Spiralverzahnungen auf Universalfräsmaschinen ist daher die Entwicklung spezieller Strategien zur CAD-Modellierung erforderlich 3. In diese waren Tools für weitere Verzahnungsmodifikationen aufgrund schmiedeprozessbedingter Fehlerkorrekturen wie thermisches Zahnradschrumpfen und thermisch elastische Gesenkdeformationen zu implementieren, die dann zur frästechnischen Gesenkherstellung in CAD/ CAM-Kopplung benötigt wurden. Aufgrund der Ungenauigkeit der verfügbaren, zur Korrekturwerteberechnung erforderlichen Material und Prozessgrößen, wie Wärmeübergangskoeffizient unter Druck, spezifische Wärmekapazität, lokale Reibung, temperaturabhängige Fließspannung und Wärmeausdehnungskoeffizienten, ist eine Berechnung der Verzahnungsabweichung in einer Genauigkeit, wie für die angestrebte Verzahnungsqualität 8 bis 9 erforderlich, aber unmöglich. Zur Lösung dieses Problems wurde eine Konstruktionsmethodik entwickelt, mit der die messtechnisch ermittelten Abweichungen einer simulationsgestützten Erstmusterfertigung in die CAD-Verzahnungsmodelle rückgeführt und über eine Automatisierungsroutine in Korrekturwerte umgewandelt werden. Mit den korrigierten CAD-Daten wurden die Erstwerkzeuge überarbeitet, welche danach auf einer 10.000 kN-Spindelpresse des Labors für Umformtechnik und Werkzeugmaschinen (LUW) die Prototypfertigung toleranzhaltiger Verzahnungen erlaubten (Bild 1). BAUTEILENTWICKLUNG UND ERSTWERKZEUGAUSLEGUNG Der Versuchsträger wurde vom Tellerrad eines Motorradachsantriebs abgeleitet, das in Serie aus 16MnCr5-Schmiederingen gespant und durch Laserschweißen mit einer Hohlwelle gefügt wird. Die makrogeometrischen Merkmale waren anhand eines zugekauften, gefrästen Radsatzes bekannt. Um das Volumenmodell und die Geometriedaten zu erhalten, wurde das Originalrad mittels 3D-Scanner der Hochschule eingelesen. An die 3D-Punktewolke wurde das im Bild 2 gezeigte Volumenmodell mithilfe des Programms GearEngineer ® des Software Entwicklers GWJ im CAD iterativ angenähert und als Zyklo- Palloid®-Verzahnung (Klingelnberg) generiert. Im Rahmen der Untersuchungen wurden an der konvexen und konkaven Flanke jeweils Protuberanzen und Schleifaufmaße von 0,1 mm vorgesehen und als Flankenäquidistante in den CAD-Modellen implementiert. Zur Bestimmung von Werkstücktemperaturfeld und Werkzeugbeanspruchung sowie zur Absicherung der Machbarkeit des Präzisionsschmiedeprozesses, wurden thermomechanisch gekoppelte Simulationen mit Simufact.forming durchgeführt. Es sind zwei Schläge auf das Bauteil abzugeben, bei einer berechneten Maximalkraft von 7.400 kN. Die Temperaturverteilung am Ende des zweiten Schlags wurde zur rechnerischen Vorkorrektur der Erstwerkzeuge herangezogen. Die Ergebnisse zeigen wie erwartet eine starke Inhomogenität des Temperaturfelds mit Unterschieden bis zu 160 °C an der Oberfläche (Bild 3). Auf Basis von Stoffflussanalysen und Presskraftberechnungen wurde darüber hinaus die Querschnittsgeometrie des Ringrohlings zur presskraftminimalen Füllung der Verzahnungsgravur optimiert. Für die vorliegende Untersuchung erfolgte die Fertigung der Ringe spanend. VERFAHREN UND WERKZEUGSYSTEM Tellerräder bestehen in der Regel aus dem Zahnkranz und einem Innenflansch zur Ableitung der Lastmomente. Bei spanender Verzahnungsfertigung werden Rohteile als Ringe vorgeschmiedet und dann gefräst. Beim Umformen der Verzahnung sollte die Umformzone verfahrenstechnisch von den bereits fertiggestellten Flanschbereichen entkoppelt werden, um die Deformationen des Flansches und die Werkzeugbelastung so gering wie möglich zu gestalten. Diese Verfahrensanforderung wurde mit einem neuen Werkzeugsystem gelöst, das als zusätzTECHNOLOGIE 70 massivUMFORMUNG | SEPTEMBER 2016


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